
Maklervertrag: Aufwendungsersatz in AGB – Aufgabe der Verkaufsabsicht
Im Urteil vom 23.10.2024 (Az. 19 U 134/23) hatte sich das Oberlandesgericht Frankfurt mit den Grenzen zulässiger Aufwendungsersatzklauseln im Maklerrecht auseinanderzusetzen. Die Entscheidung betrifft eine weit verbreitete Vertragsgestaltungspraxis:
Der Makler will sich durch eine AGB-Klausel über Aufwendungsersatzansprüche gegen wirtschaftliche Einbußen absichern, wenn der Kunde während der Vertragslaufzeit von seiner Verkaufsabsicht Abstand nimmt oder der Hauptvertrag trotz intensiver Bemühungen des Maklers aus anderen Gründen nicht geschlossen wird.
Der Gesetzgeber geht im Grundsatz davon aus, dass der Makler das unternehmerische Risiko für fehlgeschlagene Verkaufsbemühungen trägt. Vergebliche Bemühungen werden durch Provisionen aus erfolgreich abgeschlossenen Geschäften ausgleichen und so erfolglose Bemühungen durch die Einnahmen aus erfolgreichen Vermittlungen quersubventioniert.
Das Gericht erklärt eine solche Klausel zuletzt für unwirksam.
I. Sachverhalt
Ein Eigentümer beauftragte eine Maklerin mit der Vermarktung seiner Immobilie im Rahmen eines Makleralleinauftrags. In Ziffer 6 des Vertrags fand sich eine Klausel, die bei Aufgabe der Verkaufsabsicht eine Pflicht zur Erstattung „konkreter Aufwendungen“ vorsah, darunter auch anteilige Bürokosten und Personalkosten.
Nachdem der Eigentümer den Verkauf nicht weiterverfolgen wollte, stellte die Maklerin eine Rechnung über mehr als 11.000 Euro. Der Kunde zahlte teilweise, verlangte später Rückzahlung und wehrte sich gegen eine weitere Forderung.
II. Begründung
Die verwendete Klausel verstieß nach der Begründung des Gerichts gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Nach der Feststellung der Benachteiligung des Vertragspartners von einigem Gewicht nimmt das Gericht vor allem folgende Gesichtspunkte in seine Interessenabwägung auf:
1. Erfolgsbezogenheit des Maklerauftrags
Zentrales Argument des Gerichts ist der Widerspruch der streitgegenständlichen AGB-Klausel zum gesetzlichen Leitbild des § 652 BGB. Danach hat der Makler nur Anspruch auf Vergütung, wenn der von ihm vermittelte ein Hauptvertrag zustande kommt. Eine Vergütung für bloßes Tätigwerden widerspricht diesem Erfolgsprinzip und stellt eine unzulässige Aushöhlung des gesetzlichen Modells dar.
Das Gericht beanstandet, dass die Klausel dem Auftragnehmer auch anteilig Bürokosten und Personalkosten auferlegen will. Diese Kosten seien regelmäßig keine „konkreten Aufwendungen“ im Sinne des Gesetzes, sondern allgemeine Betriebskosten, die der Makler unabhängig vom konkreten Auftrag trägt. Ihre Umlage auf den Kunden verlagere das unternehmerische Risiko einseitig auf den Auftraggeber.
2. Entschließungsfreiheit des Maklerkunden
Ein weiterer zentraler Punkt: Der Maklerkunde ist auch bei einem Alleinauftrag nicht verpflichtet, seine Verkaufsabsicht bis zum Ende der Vertragslaufzeit aufrechtzuerhalten. Es besteht lediglich eine Obliegenheit zur unverzüglichen Mitteilung, wenn die Verkaufsabsicht entfällt. Eine schuldhafte Pflichtverletzung liegt darin nicht. Die Abschlussfreiheit des Kunden bleibt auch bei intensiver Maklertätigkeit unberührt.
III. Gestaltungsmöglichkeit
Das Gericht betont aber auch, dass ein Anspruch auf Aufwendungsersatz auch ohne Abschluss eines Hauptvertrags und auch in AGB unter Umständen möglich sein kann: Nämlich, wenn es sich nicht – wie hier – in Wahrheit um eine erfolgsunabhängige Provision im Gewand des Aufwendungsersatzes (Rdn. 74) handelt. Gängige Formulare halten derartige AGB generell für unwirksam („Von diesem gesetzlichen Leitbild kann grundsätzlich nur individualvertraglich, nicht jedoch in Formularen abgewichen werden“; BeckOF Vertrag/Michael Eggert, 72. Ed. 1.3.2025, Form. 13.3 Anm. 1-45 Rn. 34, beck-online)
Ein Aufwendungsersatzanspruch kann nach dem OLG Frankfurt in AGB wirksam sein, wenn er sich ausschließlich auf konkret und individuell im Zusammenhang mit dem Maklerauftrag entstandene Kosten wie Inserate, Fahrtkosten oder Veröffentlichungskosten bezieht. Pauschalen oder anteilige Gemeinkosten wie Büromiete oder Personalkosten sind nicht erstattungsfähig, da sie das allgemeine Unternehmerrisiko betreffen.
Das OLG Frankfurt stellt klar:
Wer als Makler Aufwendungsersatz beanspruchen will, kann allgemeine Betriebskosten nicht berücksichtigen und sein Unternehmerrisiko auf den Auftraggeber abwälzen. Der Maklerkunde bleibt auch beim Alleinauftrag frei, seine Verkaufsentscheidung zu ändern – ohne für die Folgen aufkommen zu müssen.