Verfall von Urlaubsansprüchen: Hinweispflicht für Arbeitgeber

eingestellt am 06.03.2024

Der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht haben in den letzten Jahren mehrfach klargestellt, dass der gesetzliche Mindesturlaub eines Arbeitnehmers nicht ohne Weiteres am Ende des Kalenderjahres verfällt. Der Jahresurlaub eines Arbeitnehmers erlischt nur dann, wenn der Arbeitgeber seinen Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen ist. Andernfalls wird der Urlaubsanspruch in das nächste Kalenderjahr mitgenommen.


Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers

Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 BUrlG ist der gesetzliche Mindesturlaub grundsätzlich an das laufende Kalenderjahr gebunden. Eine Übertragung des Urlaubs kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung weitere Anforderungen an Arbeitgeber, damit der nicht genommene Urlaub tatsächlich am Jahresende verfällt. Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer in die Lage versetzen, ihren Urlaub auch tatsächlich zu nehmen (EuGH, Urteil vom 6.11.2018 – C-684/16).


Konkreter Hinweis erforderlich

Für die Praxis hat dies zur Folge, dass Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer rechtzeitig und konkret auf ihren Urlaubsanspruch hinweisen müssen. Arbeitgeber müssen über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informieren und ihre Arbeitnehmer dazu auffordern, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Eine Rundmail an alle Beschäftigten ist nicht ausreichend. Im Übrigen müssen Arbeitgeber ihre Hinweispflichten in Bezug auf die einzuhaltenden Fristen erfüllen (BAG, Urt. v. 19.2.2019 – 9 AZR 423/16).

Sofern Arbeitgeber diese Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten nicht erfüllen, verfällt der gesetzliche Urlaub grundsätzlich nicht am Ende des Kalenderjahres. Ausnahmen ergeben sich beispielsweise für Fälle, in denen ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer ohnehin nicht möglich war, den Urlaub vollständig zu nehmen (BAG, Urt. v. 7.9.2021 – 9 AZR 3/21 (A)).


Verjährung ebenfalls betroffen

Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass auch die Verjährung des Urlaubsanspruchs von der Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers abhängt (BAG Urt. v. 20.12.2022 – 9 AZR 266/20). Sofern Arbeitgeber den dargestellten Pflichten nicht nachkommen, droht daher die Ansammlung von Urlaubsansprüchen über Jahre hinweg.


Fazit

Arbeitgeber sollten einen Prozess implementieren, um ihre Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten zu erfüllen und dies zu dokumentieren. Dabei muss sichergestellt werden, dass der Hinweis individuell und konkret für jeden Arbeitnehmer erfolgt. So können Streitigkeiten um die finanzielle Abgeltung von Urlaubsansprüchen – insbesondere im Rahmen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – rechtssicher begrenzt werden.



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