Eignung von atypischen stillen Beteiligungen zur Altersvorsorge?

eingestellt am 08.07.2007

Pressemitteilung



Eignung von atypisch stillen Beteiligungen zur Altersvorsorge?


 

Hinzuziehung eines unabhängigen Vermögensberaters indiziert Risikobereitschaft des Anlegers


Landgericht Stuttgart, Schluss - Urteil vom 11.05.2007 - 8 O 170/06
(nicht rechtskräftig)

Das Landgericht Stuttgart hat mit Schluss - Urteil vom 11.05.2007 (AZ.: 8 O 170/06) entschieden, dass die Hinzuziehung eines unabhängigen Vermögensberaters indiziert, dass der Anleger eine höhere Risikobereitschaft habe. Zudem können atypisch stille Beteiligungen zur Altersvorsorge geeignet sein. Die von Rechtsanwalt Oliver Renner vertretene Klägerin gedachte, im August 2003 einen Betrag in Höhe von € 75.000,00 zu investieren. Sie wandte sich deswegen an einen unabhängigen Berater. Die Klägerin wollte einen Teil ihres Geldes als Altersvorsorge längerfristig anlegen. Den anderen Teil wollte sie kurzfristig und mit einer höheren Rendite investieren, wobei diese Anlage jederzeit verfügbar sein soll. Der Berater empfahl sodann der Klägerin als zur Altersvorsorge und Vermögensbildung dienenden Anlage ein Investment in sogenannte atypisch stille Beteiligungen bei der "ALAG Automobil AG & Co. KG" (im Folgenden "ALAG" genannt) sowie bei der "GRE Global Real Estate AG" (im Folgenden "GRE" genannt) in Höhe von insgesamt nominal € 40.000,00. Für die kurzfristige, jederzeit verfügbare Anlage mit höherer Rendite erwarb die Klägerin auf Empfehlung ihres Beraters Inhaberaktien der "DCM Capitalmanagement Inc" (im Folgenden "DCM" genannt).

Das Landgericht Stuttgart hat der Klägerin in Bezug auf die Beteiligung an der "DCM" mit Teil-Urteil vom 01.12.2006 (AZ.: 8 O 170/06) Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung zugesprochen und den Berater zur Zahlung von € 28.800,00 verurteilt.

Wegen den von der Klägerin gezeichneten atypisch stillen Beteiligungen an der "ALAG" und der "GRE" musste das Landgericht noch durch Schluss-Urteil entscheiden. Das Landgericht kam zum Ergebnis, dass im Hinblick auf das Anlageziel der Altersvorsorge die beiden atypisch stillen Beteiligungen geeignet seien und die Anlegerin hinreichend aufgeklärt worden sei.

Die Rechtsprechung zur Eignung von atypisch stillen Beteiligungen zur Altersvorsorge ist bundesweit uneinheitlich. So kommt bspw. der 19. Zivilsenat des OLG München (Urteil vom 29.05.2006 - AZ.: 19 U 5914) zum Ergebnis, dass eine Kapitalanlage, die zum grauen Kapitalmarkt gehört, grundsätzlich nicht als Mittel zur Altersvorsorge geeignet sei. Die Entscheidung betraf aber einen unbedarften, unerfahrenen und wenig verdienenden Anleger. Der 13. Zivilsenat des OLG München dagegen meint, dass auch atypisch stille Beteiligungen zur Altersvorsorge geeignet seien. Der Anlageberater dürfe zur Alterssicherung nur keine spekulativen Anlagen anraten (OLG München, Urteil vom 19.10.2006 - 13 U 2691/06). Es zeigt sich einmal mehr, dass im Hinblick auf die Frage der fehlerhaften Beratung und Eignung von Anlagen zu einem bestimmten Anlageziel sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Inhalt und Umfang von Aufklärungspflichten des Anlageberaters immer nach den Umständen des Einzelfalls bestimmen (so auch zuletzt ausdrücklich: BGH, Urteil vom 19.04.2007 - III ZR 75/06).

Das Urteil des Landgerichts Stuttgart hat aber einen völlig neuen Aspekt aufgeworfen. Bei einer Beratung durch einen unabhängigen Vermögensberater sei eine höhere Risikobereitschaft des Anlegers indiziert:

"Die Hinzuziehung eines unabhängigen Vermögensberaters indiziert gerade, dass der Kunde die allgemein als absolut sicher geltenden Anlagen auf einem Sparbuch oder in festverzinslichen Anleihen, wie Schatzbriefe und dergleichen, nicht wünscht, sondern eine Beteiligung mit einer erheblich höheren Rendite. ... Eine Anlage mit einer höheren Rendite bedeutet aber auch ein höheres Risiko und der Beklagte durfte davon ausgehen, dass die Klägerin im Interesse der von ihr erwarteten höheren Rendite bereit ist, dieses Risiko, über das sie - wie noch ausgeführt wird - auch aufgeklärt wurde, einzugehen",

so das Landgericht Stuttgart in seinen Entscheidungsgründen.

Sowohl gegen das Teil-Urteil in Bezug auf die "DCM" als auch gegen das Schluss-Urteil in Bezug auf die Beteiligungen an der "ALAG" sowie GRE" haben beide Seiten Berufung eingelegt. Hierüber ist noch nicht entschieden. Es wird mit Spannung zu erwarten sein, ob das OLG Stuttgart die Meinung des Landgerichts hierzu bestätigen wird.


Stuttgart, den 08.07.2007

gez. Rechtsanwalt Oliver Renner
Vorstandsmitglied Rechtsforum Finanzdienstleistung e.V., Hamburg
E-Mail: O.Renner@wueterich-breucker.de

WÜTERICH BREUCKER Rechtsanwälte

PM0707-Unabhaengige-Beratung-indiziert-Risikobereitschaft.pdf



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