Gedanken zum Berufsrecht des Sports

eingestellt am 25.07.2017

 Regensburg-Torgang

Sportrechtssymposium der Universität Regensburg 

Am 19. Juli 2017 lud die juristische Fakultät der Universität Regensburg zu einem Sportrechtssymposium anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Universität. Dekan Professor Dr. Jörg Fritzsche begrüßte die Gäste und die Referenten Professor Dr. Winfried Bausback, Bayerischer Staatsminister der Justiz, Rechtsanwalt Dr. Marius Breucker aus der Stuttgarter Sportrechtskanzlei Wüterich Breucker, Professor Dr. Ulrich Haas von der ETH Zürich und Dr. Clemens Prokop, Direktor des Amtsgerichts Regensburg und Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV). 

Dr. Prokop führte in seinem einleitenden Vortrag in die Grundlagen der Verbandsgerichtsbarkeit ein, bevor Professor Haas die Frage aufwarf, inwieweit die derzeit bestehenden Regelungen ausreichen, um ein Vereinsgerichtsverfahren rechtlich hinreichend abzusichern. Wenn die Rechtsprechung eine Vereinsgerichtsentscheidung als eine „normale“ Vereinsmaßnahme betrachte, werde dies dem spezifischen Charakter nicht gerecht. Denn anders als etwa bei einem Beschluss der Mitgliederversammlung gingen die Parteien eines vereinsgerichtlichen Verfahrens davon aus, dass ihr Streitfall mit einem Urteil des Vereinsgerichts endgültig entschieden sei und nicht jederzeit eine anders lautende Entscheidung getroffen werden könne. Für eine Einordnung des Vereinsgerichts als Teil der außergerichtlichen Streitschlichtung – ähnlich Mediation oder Schlichtung – spreche auch, dass die Rechtsprechung die Einhaltung verfahrensrechtlicher Mindeststandards fordere, was bei einer „normalen“ Vereinsmaßnahme nicht der Fall sei. Haas plädierte dafür, sich Gedanken über die Spezifika des Vereinsgerichts zu machen und diesen Besonderheiten dort, wo erforderlich, durch passgenaue Regelungen Rechnung zu tragen. 

Rechtsanwalt Dr. Marius Breucker zeigte daran anknüpfend auf, dass das geltende Recht nicht in allen Fällen auf den professionellen Sport passe. Als Beispiel nannte er regelmäßige Verstöße professioneller Sportler gegen das Arbeitszeitgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz oder das Mindestlohngesetz. In all diesen Fällen versuchten Behörden und Gerichte, durch teilweise gewagte Auslegungen der Gesetze die eigentlich vorliegenden Rechtsverstöße zu „heilen“. Dies sei unbefriedigend. Gefordert sei die Gestaltung eines sportspezifischen Berufsrechts. Dies könne, müsse aber nicht in einer einheitlichen Kodifikation bestehen. Im Arbeitsrecht könnten viele offene Fragen durch eine Tariföffnungsklausel gelöst werden. Wenn es dem Sport – ähnlich wie der Bühne – ermöglicht würde, spezifische Fragen in Tarifverträgen sachnah und branchenszeifisch zu regeln, wären zahlreiche Friktionen der heutigen Praxis mit der geltenden Rechtslage behoben. Ein Tarifvertrag brächte nicht nur Mindeststandards für Arbeitnehmer, sondern auch Rechtssicherheit und Handlungsfreiheit für die Arbeitgeber. 

Breucker ergänzte, auch die Causa Pechstein habe gezeigt, dass nicht alle derzeit geltenden Regelungen auf den Spitzensport passten. So sei die Annahme des Bundesgerichtshofs gewagt, dass Sportverbände und Athleten auch in Dopingstreitigkeiten, in denen die Verbände die Sportler anklagen und sanktionieren, in Wahrheit gleiche Interessen verfolgten. Bei konsequenter Anwendung der Regelungen zur Schiedsgerichtsbarkeit sei zudem zu konstatieren, dass die organisatorische Ausgestaltung des Court of Arbitration for Sport (CAS) und namentlich des International Council of Arbitration for Sport (ICAS) unzureichend sei. Eine streng paritätische Auswahl der Schiedsrichter auf der Schiedsrichterliste sollte sichergestellt sein, um auch nur den Anschein eines strukturellen Übergewichts der Verbände gegenüber dem Athleten zu vermeiden. 

Im anschließenden Vortrag führte Staatsminister Professor Dr. Bausback aus, wie es zur jüngeren Sportstrafgesetzgebung kam: Nach Inkrafttreten des Anti-Doping-Gesetzes Anfang 2016 traten die Regelungen gegen Sportwettbetrug und gegen Manipulationen im Sport in den §§ 265c und 265d Strafgesetzbuch (StGB) in Kraft. Bausback verwies darauf, dass der Sport nicht gegängelt oder in seiner Autonomie beschränkt werden solle; vielmehr müsse der Staat komplementär zum Sport dort handeln, wo sich der Sport nicht hinreichend selbst helfen könne. Dieses Vorgehen bestätigte Dr. Prokop, der die staatliche Gesetzgebung als Ergänzung zur funktionierenden autonomen Konfliktlösung des Sports sah. 

Regensburg-Steinerne-Bruecke-Dom

An die Vorträge der Referenten schloss sich eine Podiumsdiskussion unter Moderation des Dekans Professor Dr. Jörg Fritzsche an. Daran nahm auch der ehemalige Bundesverfassungsrichter und Nestor des Sportrechts Professor Dr. Udo Steiner teil.


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