Kaufmännisches Anerkenntnis durch vorbehaltlose Zahlung?

eingestellt am 30.07.2014

Kaufmännisches Anerkenntnis durch vorbehaltlose Zahlung?


Ein Unternehmen erhielt vom Lieferanten eine Rechnung für Warenlieferungen. Das Unternehmen ging davon aus, dass die Lieferung tatsächlich eingegangen sei und bezahlte die Rechnung vollständig und vorbehaltlos. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass fehlerhaft eine Warenlieferung gebucht wurde, die in Wahrheit nie eingetroffen war. Das Unternehmen verlangte vom Lieferanten Rückzahlung. Der Lieferant stellte sich auf den Standpunkt, mit vorbehaltloser Zahlung auf die erteilte Rechnung habe das Unternehmen die Forderung anerkannt und könne sie daher nicht mehr zurückfordern.

Bloße Zahlung ist kein Schuldanerkenntnis.


Der Bundesgerichtshof entschied, dass allein in der Bezahlung einer Rechnung noch kein Anerkenntnis liegt (so schon BGH BauR 1979, 249, 251; BGH NJW-RR 2007, 530). Ein eigenständiges, konstitutives Schuldanerkenntnis scheidet regelmäßig aus, da der Zahlende nicht eine neue Verbindlichkeit begründen, sondern eine (vermeintlich) bestehende Verbindlichkeit tilgen will.

In der bloßen Zahlung liegt regelmäßig auch kein „deklaratorisches“ Schuldanerkenntnis, also die Erklärung, eine zugrundeliegende Forderung außer Streit zu stellen und auf sämtliche Einwendungen und Einreden zu verzichten. Hierzu bedürfte es vielmehr besonderer Umstände. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Vertragsparteien über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Forderung bereits gestritten haben und dieser Streit nunmehr ausdrücklich beendet werden soll. Der Wille, das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen, muss aber eindeutig zum Ausdruck kommen (BGH NJW 1995, 3311; BGH NJW-RR 2007, 530). Ein solches deklaratorisches Schuldanerkenntnis erfordert eine erkennbare Einigung dergestalt, dass eine Erklärung der einen Seite von der anderen Partei feststellbar angenommen wird. Hieran fehlt es bei einer bloßen Zahlung auf eine Rechnung. Der Zahlende gibt damit keine über den Zahlungsvorgang hinaus gehende Erklärung ab. So wird eine Zahlung vom Zahlungsempfänger mangels besonderer Umstände auch nicht verstanden.

Maßgeblich: Umstände des Einzelfalls.


Der Bundesgerichtshof stellt zugleich klar, dass es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Daher verbietet sich eine generelle Aussage. „Grundsätzlich liegt in der bloßen vorbehaltlosen Zahlung einer Rechnung keine über diese Zahlung hinausgehende Erklärung. Anderenfalls wären die Unternehmen faktisch gezwungen, sämtliche Rechnungen vorsorglich nur noch unter Vorbehalt zu bezahlen“, kommentiert Rechtsanwalt Dr. Marius Breucker von der Kanzlei Wüterich  Breucker die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. „Die Umstände des konkreten Falles, etwa vorangegangene Korrespondenz oder begleitende Telefonate sind jedoch zu berücksichtigen“, ergänzt der Stuttgarter Anwalt.

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