Marius Breucker, Christoph Wüterich und Tobias Schall: „Raus aus dem Schatten!“

eingestellt am 14.01.2015

Die Debatte ist eröffnet. In der Stuttgarter Zeitung vom 14. Januar 2015 stoßen StZ-Redakteur Tobias Schall und die Stuttgarter Rechtsanwälte Marius Breucker und Christoph Wüterich aus der Kanzlei Wüterich Breucker eine Debatte über ein Berufsrecht des Sports an:

„Die Höher-Schneller-Weiter-Industrie namens Hochleistungssport bricht täglich geltendes Recht, sei es im Anti-Dopingkampf oder bei der Beschneidung der Rechte von Athleten.

Es ist doch nur Sport. Die schönste Nebensache der Welt. Stimmt. Und auch wieder nicht. Hochleistungssport ist heute eine Industrie, eine, die sich selbst überwacht und deren rechtliches Fundament fragil wie ein Kartenhaus ist. Worüber reden wir? Über das hier, z. B.: das Beratungsunternehmen PWC schätzt den weltweiten Umsatz im Sport von 2014 auf 45 Milliarden Dollar. […]

Darüber reden wir. Über Big Business. Über ein Geschäft, das funktioniert, weil die Athleten funktionieren, über einen Milliardenmarkt, der sich weitgehend selbst überlassen ist und tagtäglich im Kleinen wie im Großen geltendes Recht bricht. Wir reden über einen Wirtschaftszweig mit einer Organisationsstruktur wie ein Obst- und Gartenbauverein. Wir reden über ein System, das neu justiert werden muss. […]

Im professionalisierten und kommerzialisierten Sport zerren die Protagonisten (Verein, Liga, nationaler und internationaler Verband, IOC) zunehmend an der knappen „Ressource Athlet“. Es kommt zu Überlastungen, denen sich der Athlet scheinbar „freiwillig“ unterwirft, die das System aber letztlich zwingend einfordert. Wer nicht mitmacht, ist raus. […]

Die Autonomie des Sports basiert auf dem Gedanken, dass die Organisationen ihre sportspezifischen Spielregeln selbst setzen. Der Staat soll nicht über Abseits oder die Anzahl von Spielern entscheiden. Autonomie bedeutet aber nicht, dass sich der Sport im rechtsfreien Raum bewegt. Er ist allen geltenden Gesetzen unterworfen. […]

Bezogen auf das Berufsrecht sieht das Grundgesetz vor, dass grundlegende Entscheidungen – etwa über die Zulassung oder Nichtzulassung als Arzt oder als Rechtsanwalt – vom Parlamentsgesetzgeber getroffen werden müssen. Die berufsständischen Kammern können dann mit einem autonomen Satzungsrecht – vergleichbar dem Recht der Sportverbände – innerhalb dieses Rahmens die konkrete Berufsausübung regeln und ausgestalten. […]

Die derzeit im Sport geltenden Gesetze gehen nicht oder nur eingeschränkt auf die Besonderheiten des Berufssports ein. Erforderlich ist ein spezifisches „Recht des professionellen Sports“. Eine klare Grenzziehung zwischen Spielregeln (sportautonom) und Rechtsregeln (staatliches Recht) läuft der Autonomie des Sports nicht zuwider, sondern sichert diese langfristig ab. […]

Die Herausforderung und Aufgabe des Sportrechts ist, nicht einzelnen, scheinbar isolierten Problemen hinterher zu rennen, sondern rechtsgestaltend tätig zu werden und dort, wo notwendig, einen „Berufsrecht des Sports“ unter Wahrung der Autonomie zu erarbeiten.


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Christoph Wüterich: "Protagonisten im Sport zerren zunehmend an der knappen `Ressource` Athlet"


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Marius Breucker: "Berufsrecht des Sports unter Wahrung der Autonomie erarbeiten"


Die Autoren:

Marius Breucker
: Der promovierte Jurist, Jahrgang 1973, arbeitet in der Stuttgarter Kanzlei Wüterich Breucker. Seit vielen Jahren beschäftigt sich Breucker mit dem Kampf gegen Doping. Er ist unter anderem Richter am deutschen Sportschiedsgericht und für die Welt Anti-Doping Agentur (WADA) und die Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) tätig. Er vertritt auch regelmäßig die Stuttgarter Kickers.

Christoph Wüterich: Jahrgang 1960, ist Anwalt und Hockeyspieler und wurde zuletzt mit den deutschen Senioren Weltmeister. Von 1999 bis 2005 war er Präsident des Deutschen Hockey-Bundes. Mit seinem Anwaltskollegen Matthias Breucker plädierte er als erstes für die Einführung einer Kronzeugenregelung im Sportrecht.

Tobias Schall: Der StZ-Redakteur beschäftigt sich seit vielen Jahren mit sportrechtlichen Fragen, die eine zunehmend größere Rolle in der Sportberichterstattung spielen. Die juristischen Fakten des Beitrages hat er den Experten überlassen.“

Quelle: Stuttgarter Zeitung

http://www.kooperation-sportrecht.de/beitrag_stz.htm


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