Täuschung über Doping kann strafrechtlich Betrug sein

eingestellt am 20.12.2011

Mit Beschluss vom 29.09.2011 bejahte das Oberlandesgericht Stuttgart den Verdacht eines Betruges im Sinne des §§ 263 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB), wenn ein Athlet gegenüber seinem Arbeitgeber wahrheitswidrig erklärt, er habe seine vertraglich geschuldeten sportlichen Leistungen dopingfrei erbracht.

Das Oberlandesgericht hatte unter anderem darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber berechtigt ist, seinen Arbeitnehmer über Doping zu befragen.

Unter Verweis auf Wüterich/Breucker, Das Arbeitsrecht im Sport, in: Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger (Herausgeber): Sportrecht in der Praxis, 2012, Randnummer 590, bejahte das Oberlandesgericht ein Fragerecht des Arbeitgebers hinsichtlich des Gesundheitszustandes auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsrechtes des Athleten: Der Arbeitgeber habe ein gesteigertes Interesse an der Kenntnis des Gesundheitszustandes eines bei ihm beschäftigten Sportlers, da dieser – mehr als in „normalen“ Arbeitsverhältnissen – Grundlage der Einsatz- und Leistungsfähigkeit des Sportlers, seiner Zukunftsperspektive und damit verbunden seines „Marktwertes“ sei. Namentlich bei Umständen, die unmittelbaren Einfluss auf die arbeitsvertraglich geschuldete Leistungserbringung haben, insbesondere also das Training oder den Wettkampf ausschließen oder beinträchtigen, habe der Arbeitgeber demnach grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Information darüber, welche Hinderungsgründe oder Beeinträchtigungen bestehen (Wüterich/Breucker, Das Arbeitsrecht im Sport, a.a.O., Randnummer 591).

Das Oberlandesgericht Stuttgart führte weiter aus, es werde im Einzelfall vom zuständigen Instanzgericht zu prüfen sein, ob die objektiven Tatbestandsvoraussetzungen eines Betruges im Sinne des § 263 StGB, namentlich Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und Vermögensschaden vorliegen. Allein der Umstand, dass Dopingpraktiken in einer Sportart weit verbreitet sind, schließe einen Irrtum im konkreten Fall nicht aus. Auch wenn der Arbeitgeber Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage habe, bestehe die Möglichkeit, dass jedenfalls dann, wenn er die Aussage des Arbeitnehmers für möglich hält, ein Irrtum im Sinne des Betrugstatbestandes vorliege.

Sollte der objektive Tatbestand bejaht werden, müssten darüber hinaus die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, namentlich Vorsatz bezogen auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale und Bereicherungsabsicht. Auch die Frage, ob der Schaden der beabsichtigten Bereicherung entspricht, wäre zu prüfen.

Nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart ist davon auszugehen, dass die zuständige Staatsanwaltschaft im konkreten Fall Anklage vor dem zuständigen Landgericht Stuttgart eröffnen wird. Ob sich dabei der vom Oberlandesgericht bejahte Verdacht eines Betruges bestätigt, hängt von den zugrundeliegenden Tatsachen ab, die es im Verlaufe der Hauptverhandlung zu prüfen und gerichtlich zu bewerten gilt.



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