Angebotsausschluss mangels Gleichwertigkeit

eingestellt am 23.04.2015


Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge kann der öffentliche Auftraggeber nach § 7 Abs. 3 und Abs. 4 VOL/A (2009) produktbezogen ausschreiben. Für Bieter stellt sich schon bei Erhalt der Vergabeunterlagen die Frage, ob eine unzulässige produktbezogene Ausschreibung vorliegt. Kommt ein Bieter zur Auffassung, dass die Ausschreibung einen solchen Mangel hat, so muss er diesen unverzüglich, spätestens aber bis zum Ablauf der Abgabefrist rügen, § 107 Abs. 3 Nr. 3 GWB.

Die Vergabekammer Baden-Württemberg hatte darüber zu entscheiden, ob und inwieweit ein Bieter mit seinem Angebot von produktbezogenen Vorgaben in der Ausschreibung abweichen darf. Grundsätzlich führt jegliche Abweichung gemäß § 19 Abs. 3 EG VOL/A zum Angebotsausschluss. Im zu entscheidenden Fall hatte der Bieter zu Positionen im Leistungsverzeichnis, die ein sogenanntes Leitfabrikat vorsahen, ein nach seiner Ansicht gleichwertiges Konkurrenzprodukt genannt. Zu fragen war deshalb, ob der Bieter mit dem Konkurrenzprodukt ein gleichwertiges Angebot unterbreitet hatte. Die Vergabekammer Baden-Württemberg wies nun auf die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers hin, „die Leistung eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, sodass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssen und dass miteinander vergleichbare Angebote zu erwarten sind.“ (§ 8 EG Abs. 1 VOL/A).

Der Bieter hatte eine bestimmte technische Funktion eines Leitfabrikats mit dem angebotenen Konkurrenzprodukt unstreitig nicht erfüllen können. Allerdings wies der Bieter darauf hin, dass diese Funktion im Zusammenspiel der Komponenten im Leistungsverzeichnis gleichwohl erfüllbar ist. Die Vergabekammer Baden-Württemberg sah entgegen der Auffassung des Bieters die Leistungsbeschreibung als eindeutig formuliert an und entschied, dass die fehlende Funktion beim Konkurrenzprodukt zum Angebotsausschluss führen durfte. Dem Argument des Bieters, das Angebots-Leistungs-Verzeichnis könne nur als Ganzes durch den Bieter verstanden und ausgelegt werden, erteilte die Vergabekammer eine Absage. Es sei nicht Aufgabe des Bieters eine durch ein Leitfabrikat erfüllbare technische Funktion auf gänzlich andere Art und Weise herzustellen als mit dem in der betreffenden Position geforderten Produkt – gleich ob Leitfabrikat oder Konkurrenzprodukt. Vielmehr bestimme der Auftraggeber, was er haben möchte und nicht die Bieter, „die gegebenenfalls zu Recht oder zu Unrecht von der Leistungsfähigkeit, der Qualität oder der Innovation Ihres Produktes überzeugt sind.“ („Wer die Musik bezahlt, bestimmt, was gespielt wird.“)

Für Bieter ist es daher von zentraler Bedeutung, alle funktionalen Anforderungen der Leitfabrikate in der jeweiligen Position ernst zu nehmen. Eine „Umgestaltung“ des Angebots-Leistungsverzeichnisses führt berechtigterweise zum Ausschluss nach § 19 EG VOL/A).

Vergabekammer Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.03.2015, Az. 1 VK 7/15, n. v.

Rechtsanwalt
Dr. Peter Heink



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