Bewährungsstrafe für Becherwerfer – Kickers fordern 50.000,- EUR Schadensersatz

eingestellt am 26.02.2008

Die Stuttgarter Zeitung berichtete am 27.02.2008 über eine Bewährungsstrafe für Becherwerfer und die Kickers, welche 50.000,- EUR Schadensersatz fordern.

Zeugin: “Der hat geworfen und getroffen” 

Der Becherwerfer, der am 25. Oktober 2006 einen Linienrichter mit einem Bierbecher niedergestreckt hatte, hat seinen Einspruch zurückgezogen und den Strafbefehl über acht Monate Haft auf Bewährung akzeptiert. Mehrere Zeugen hatten ihn klar erkannt.

Auch das Spiel vor dem Stuttgarter Amtsgericht, mit einem heftigen Schlagabtausch zwischen Verteidiger Franz Friedel und Staatsanwalt Michael Greven, ist gestern vorzeitig beendet worden: Um 14 Uhr, als die beiden letzten Zeugen vor der Tür warteten, nahm der 39-jährige Kai B. seinen Einspruch gegen den verhängten Strafbefehl zurück. Staatsanwalt und Richter stimmten zu. Kai B. bringt der Becherwurf vom 25. Oktober 2006 acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung und hundert Stunden gemeinnützige Arbeit ein. Das dicke Ende kommt aber noch: Die Stuttgarter Kickers wollen von dem Mann Schadenersatz in Höhe von “zumindest 50.000,- Euro” fordern, wie der Verein gestern Abend erklärte. Damit sollen die durch den Vorfall entstandenen Kosten – 10.000,- Euro Strafe, 35.000,- Euro für ein Fangnetz sowie Einnahmeausfälle durch ein Spiel im Degerlocher Gazi-Stadion ohne Zuschauer – kompensiert werden. “Wir wollen damit auch ein Signal gegen Randalierer und Störenfriede setzen”, so Kickers-Präsident Dirk Eichelbaum.

Bei Kai B. wird aber nicht viel zu holen sein: Der 39-jährige Maler ist zurzeit auf Arbeitssuche und lebt von Hartz IV. 20 Mal ist der gebürtige Cannstatter, der eigentlich Fan des VfB Stuttgart ist, bereits der Polizei aufgefallen, darunter auch als Fußball-Hooligan. Am 25. Oktober 2006 machte der Mann durch eine besonders unrühmliche Tat auf sich aufmerksam. Die Kickers lagen im DFB-Pokalspiel gegen Hertha BSC Berlin 0:2 zurück, als auf den Rängen im Fanblock B Tumulte ausbrachen. In der 81. Minute flog ein Bierbecher über den Zaun, traf den Schiedsrichterassistenten Kai Voss am Rücken und streckte diesen nieder. Mehrmals schauten sich gestern die Verfahrensbeteiligten einen Ausschnitt aus einem Fernsehbericht an, in dem der hochgewachsene 33-Jährige mit Zeitverzögerung zu Boden ging.

Der Linienrichter reiste gestern eigens aus Schleswig-Holstein an und schilderte den Vorfall: “Es gab einen Schlag an der Wirbelsäule, und dann fehlen mir 30 bis 60 Sekunden Erinnerung.” Danach stand er wieder auf den Beinen, er war nur einen Tag krankgeschrieben. Der damals erfolgte Spielabbruch sei aber zwingend gewesen: “Wenn ein Schiedsrichter oder einer seiner Assistenten tätlich angegriffen wird, ist das Spiel abzubrechen”, zitierte Voss die Fußballregeln. […]

Als Höhepunkt im Schlagabtausch zwischen Verteidiger und Staatsanwalt beantragte Anwalt Friedel die Vereidigung der Zeugin. “Lächerlich” fand dies Staatsanwalt Michael Greven. Die 58-Jährige schwor indes bei Gott, die Wahrheit zu sagen. Danach zog Kai B. seinen Einspruch gegen den zuvor verhängten Strafbefehl zurück – und Richter Biehl konnte die Partie abpfeifen. Das Nachspiel folgt dann vor einem Zivilgericht.

Quelle: Stuttgarter Zeitung



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