Oberlandesgericht München: Zweifel an Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen im Sport

eingestellt am 07.11.2014

In der Berufungsverhandlung im Fall Pechstein vor dem Oberlandesgericht München am 6. November 2014 äußerte der Senat Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung zwischen der Athletin und dem Internationalen Eisschnelllaufverband ISU: Da es sich bei der ISU um einen Monopolverband handle, könne im faktischen Zwang zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liegen. Zu dieser Bewertung könne man sowohl nach deutschem als auch nach schweizerischem Recht gelangen. Zugleich äußerte das Oberlandesgericht Zweifel an der paritätischen Besetzung des Court of Arbitration for Sport (CAS) in Lausanne. Die Besetzung des Ernennungsausschusses überwiegend durch Vertreter, die von den Sportorganisationen gewählt werden, sei strukturelle unausgewogen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei eine Schiedsvereinbarung, die eine Zuständigkeit des CAS vorschreibe, kritisch zu prüfen.

Das Oberlandesgericht erwägt, zunächst über die Zulässigkeit der Klage in einem Zwischenurteil zu entscheiden. Zuvor erhalten beide Parteien das Recht, in Schriftsätzen ergänzend vorzutragen. „Durch ein Zwischenurteil würde es dem Bundesgerichtshof ermöglicht, über die prozessualen Fragen vorab zu entscheiden, bevor in eine Sachprüfung eingetreten würde“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Marius Breucker aus der Stuttgarter Kanzlei Wüterich Breucker. Sollte es zu einem Zwischenurteil kommen und die vom Oberlandesgericht vorgezeichnete Linie vom Bundesgerichtshof bestätigt werden, würde die Causa Pechstein inhaltlich aufgerollt. Die Athletin hätte dann die Chance, die Sachverständigengutachten in das Verfahren einzuführen, welche die erhöhten und schwankenden Retikulozytenwerte auf eine vom Vater ererbte Blutanomalie zurückführen. Der CAS hatte diese Möglichkeit im Schiedsverfahren zwar erwogen, im Ergebnis aber für unwahrscheinlich erachtet.

Die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft war in der Berufungsverhandlung nicht mehr vertreten. Die gegen sie gerichtete Klage war in erster Instanz vom Landgericht München rechtskräftig abgewiesen worden. „Die DESG hat sich im Verfahren gemäß ihrer eigenen Satzung, aber auch in Übereinstimmung mit allen sportrechtlichen und staatlichen Regeln korrekt verhalten“, sagt Anwalt Marius Breucker. Er hatte die DESG im sportgerichtlichen Verfahren und vor dem Landgericht München vertreten.


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Dr. Marius Breucker


Text der Pressemitteilung der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) vom 06.11.2014:

PM-DESG-CP-06-11-2014.doc

Quelle: Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft

Link: www.desg.de

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