Spielwertung nach Spielabbruch

eingestellt am 11.08.2015

Nach dem Abbruch des DFB-Pokalspiels VfL Osnabrück gegen RB Leipzig am 10. August 2015 stellt sich die Frage nach den Rechtsfolgen. „Zu unterscheiden ist zwischen der Spielwertung und etwaigen Sanktionen und Auflagen“, erläutert der Stuttgarter Sportrechtler Marius Breucker.

MB-Interview-Stuttgart

Rechtsanwalt Marius Breucker aus Stuttgart


Hinsichtlich der Spielwertung spricht vieles dafür, dass das Spiel für den VfL Osnabrück mit 0:2 als verloren gewertet wird. Diese Rechtsfolge sieht § 18 Nr. 4 S. 1 Rechts- und Verfahrensordnung des DFB (RuVO) für Fälle vor, in denen ein Spielabbruch von einem Verein verschuldet wurde. Das Verschulden des Vereins als solchem ist zwar fraglich. Nach § 9a Nr. 1 RuVO muss sich aber der Verein grundsätzlich das Verhalten seiner Anhänger zurechnen lassen. Entscheidend für die Eigenschaft als „Anhänger“ ist dabei nicht, ob es sich generell um einen „Fan“ des Vereins handelt. Maßgeblich kommt es nach der Rechtsprechung des DFB-Sportgerichts darauf an, für wen der Zuschauer in der konkreten Situation Partei ergreift“, sagt Rechtsanwalt Marius Breucker. Da das Feuerzeug ausweislich der bislang bekannte Medienberichterstattung aus einem Fanblock des VfL Osnabrück geworfen wurde, spricht vieles dafür, dass der Wurf von einem „Anhänger“ des VfL Osnabrück in diesem Sinne erfolgte.


Fuballstadion-Zuschauer

Vereine haften für das Verhalten ihrer Anhänger


Dagegen kommt das von dem Leipziger Trainer Ralf Rangnick ins Gespräch gebrachte Wiederholungsspiel nur in Betracht, wenn ein Spiel ohne Verschulden eines Vereins abgebrochen wird. Das betrifft etwa wetterbedingte Spielabbrüche. In diesem Fall wäre das Spiel an gleicher Spielstätte zu wiederholen.

Neben der Frage der Spielwertung hat der DFB über Strafen und etwaige Auflagen zu entscheiden. Wegen schuldhaften Herbeiführens eines Spielabbruchs und mangelnden Schutzes des Schiedsrichters drohen dem VfL Osnabrück Geldstrafen bis zu 100.000,- EUR. Denkbar sind auch Platzsperren oder ein Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Als Auflage kommt etwa das Anbringen eines Sicherheitsnetzes vor den Fanbereichen im Stadion in Betracht.

Zu den möglichen Rechtsfolgen eines Spielabbruchs äußerte sich Rechtsanwalt Dr. Marius Breucker im Sky Sport Interview https://www.youtube.com/watch?v=-kNY9JoCYcA.


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Mögliche Sanktion: Geisterspiel

Die Vorfälle in Osnabrück erinnern an den Abbruch des DFB-Pokalspiels der Stuttgarter Kickers gegen Hertha BSC Berlin im Oktober 2006. Damals war der Schiedsrichter-Assistent Kai Voss von einem Bierbecher aus dem Kickers-Fanblock im Nacken getroffen worden. Er erlitt eine vegetative Reaktion und verlor kurzfristig das Bewusstsein. Auf die Frage des Schiedsrichters Michael Weiner, wie der Spielstand sei, antwortete er „1:1“, obwohl es damals 2:0 für Hertha BSC Berlin stand. Daraufhin entschied der Schiedsrichter, das Spiel abzubrechen. Die Befugnis hierzu ergibt sich (aktuell) aus der DFB-Fußballregel Nr. 5 mit Anweisung Nr. 10. In der Folge hatten die Stuttgarter Kickers eine Geldstrafe des DFB zu bezahlen und mussten ein Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit („Geisterspiel“) austragen.

Stuttgarter-Kickers-K-Fans-Stuttgart

Der damalige Täter konnte identifiziert werden. Er wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Zugleich nahmen die Stuttgarter Kickers den Becherwerfer mit Erfolg auf Schadensersatz in Anspruch. Der ursprünglich in der VfB-Hooliganszene aktive Becherwerfer wurde vom Landgericht Stuttgart verurteilt, den Stuttgarter Kickers die vom DFB verhängte Geldstrafe, die Einnahmenausfälle wegen des „Geisterspiels“ und die Kosten des Verfahrens vor dem DFB-Sportgericht in vollem Umfang zu erstatten. Rechtsanwalt Marius Breucker hatte die Stuttgarter Kickers im damaligen Verfahren vertreten. Auch im Fall des VfL Osnabrück dürfte der Täter, wenn er identifiziert werden kann, auf Regress in Anspruch genommen werden.

Zu den Voraussetzungen einer zivilrechtlichen Haftung des Zuschauers gegenüber dem Verein:

https://mariusbreucker.wordpress.com/2014/10/29/vereine-haften-fur-ihre-zuschauer-und-zuschauer-haften-den-vereinen/



Die unter anderem auf Sportrecht spezialisierte Kanzlei Wüterich Breucker vertritt seit Jahren verschiedene Verbände und Vereine, unter anderem die Stuttgarter Kickers:

http://www.stuttgarter-kickers.de/business/partner/blau-weisser-partner/wueterich-breucker


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