Absolute Verjährung bei Kapitalanlagen – Einzelfallprüfung notwendig

eingestellt am 04.08.2019

Nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verjähren sonstige Schadensersatzansprüche ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an. Hierunter fallen auch Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung und/oder Prospekthaftung. Ungeklärt war, wann dies Verjährung zu laufen beginnt. Dies hat nunmehr der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs geklärt: Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen eines Anlegers wegen Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Beteiligung an einer Fondsgesellschaft gemäß § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB beginnt nicht bereits mit dem Zugang seines Beitrittsangebots bei der Fondsgesellschaft, sondern frühestens mit dem Zustandekommen des Beteiligungsvertrags, also der Annahmeerklärung (BGH, Urteil vom 21. Mai 2019 – Aktenzeichen: II ZR 340/18 –).

Dies kann im Einzelfall ggf. länger sein. Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte mit Urteil vom 08.11.2018 – AZ: III ZR 628/16 – wie folgt entschieden: „Steht dem Anleger ein vertragliches Recht auf Widerruf seiner Beitrittserklärung zu einer Fondsgesellschaft zu, welches - abgesehen von der Einhaltung einer Widerrufsfrist oder bestimmter Formerfordernisse - an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist, ist der Anleger durch das Zustandekommen des Beitrittsvertrages noch nicht im Sinne des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB geschädigt.“ Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Beschluss vom 26.03.2019 – AZ.: XI ZR 372/18 – diese Rechtsprechung relativiert.

Danach entsteht der Schaden bereits mit dem schuldrechtlichen Erwerb der Kapitalanlage. Nach Auffassung des XI. Zivilsenats handele es sich bei der Entscheidung des III. Zivilsenats ersichtlich um eine nicht verallgemeinerungswürdige Einzelfallentscheidung, die erkennbar den besonderen Umständen des Einzelfalles (die Verjährungshöchstfrist wurde um einen Tag ansonsten verfehlt) geschuldet gewesen sei.

Zu prüfen ist daher immer der individuelle Einzelfall, ab wann die stichtagsbezogene absolute – kenntnisunabhängige zehnjährige Verjährungsfrist endet.

 

Stuttgart, den 05.08.2019

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

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