Bank darf mit Kündigung des Girokontos drohen

eingestellt am 16.02.2022

Bank darf mit Kündigung des Girokontos drohen

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Landgericht Stuttgart, Urteil vom 15.02.2022 – 34 O 98/21 KfH -

Das Landgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 15.02.2022 entschieden, dass eine Bank damit „drohen“ darf, das Girokonto zu kündigen, wenn der Kunde auf das Angebot der Bank nicht annimmt, auf die Rückerstattung bezahlter Gebühren zu verzichten und das Konto zum bisherigen Preis fortzuführen.

Hintergrund:

Der Bundesgerichtshof hat am 27.04.2021 (Aktenzeichen: XI ZR 26/20) entschieden, dass Gebührenerhöhungen durch bloßes Schweigen des Kunden nicht wirksam erhoben werden können. Die Folge dieses Urteils war, dass tausende von Bankkunden zu Unrecht bezahlte Gebühren von ihren Banken zurückforderten. Details wie bspw. die Frage der Berechnung der Höhe sowie der Verjährung sind noch nicht geklärt.

Teilweise sind Banken daher proaktiv auf ihre Kunden zugegangen und haben angeboten, dass bei einem Verzicht auf Rückerstattung der Gebühren das Konto zu einem neuen Gebührenmodell fortgesetzt werden könne. Wenn dieses Angebot nicht angenommen wird, dann drohte die Bank mit der Kündigung.

Hiergegen klagte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Das Schreiben der Bank sei irreführend und sie habe dies zu unterlassen.

Das Urteil:

Das Landgericht Stuttgart ist dem nicht gefolgt. Die Gebühren sich nachträglich genehmigen zu lassen sei nachvollziehbar und aus kaufmännischer Sicht vertretbar. Das Recht des Kunden, seine Gebühren zurückzubekommen, sei nicht verschleiert worden.

Fazit:

Keine Bank will mein Geld „verwahren“, jedenfalls nicht umsonst.

Die juristische Frage, wie rechtlich sicher Gebühren vereinbart werden können ist noch nicht gelöst.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.04.2021 (AZ: XI ZR 26/20) hat eine Lawine ausgelöst und zahlreiche Fragen mit ihrem Ergebnis unter sich begraben.

Diese Fragen stellen sich erst jetzt und führen zu rechtlichen Nachspielen.


Offen sind zahlreiche Fragen, wie beispielweise:

 -       Wann verjähren Rückerstattungsansprüche von Gebühren und wer muss die Höhe berechnen?

-       Dürfen Negativzinsen verlangt werden und falls ja, bei welchen Konten (Girokonto, Sparkonto)?

-       Dürfen Prämiensparverträge gekündigt werden und welche „Zinsen“ werden bei unwirksamen Zinsanpassungsklauseln geschuldet?

-       Muss eine Bausparkasse darauf hinweisen, dass man auf das Bauspardarlehen vor Auszahlung auf das Bauspardarlehen verzichten muss, um in den Genuss etwaiger Bonuszinsen zu gelangen?


Die sogenannte Bodensatztheorie gehört zu den klassischen Theorien über Refinanzierungsrisiken von Kreditinstituten. Sie geht zurück auf Otto Hübner („Die Banken“, 1854). Wenn auf Dauer die Sollzinsen niedriger sind als die Habenzinsen, dann kann eine Marktwirtschaft nicht funktionieren. Ein Bodensatz kann nicht gebildet werden.

Zahlreiche juristische Fragen sind Folge der nun über Jahre andauernden Niedrigzinspolitik.

Hier muss politisch eingegriffen werden, damit nicht auf dem Rücken der Marktteilnehmer wirtschaftliche Probleme rechtlich gelöst werden müssen.

Probleme werden jedenfalls nicht dadurch gelöst, wenn Banken und Kunden sich „nur“ den Schwarzen Peter zuschieben.


Stuttgart, den 16.02.2022

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

Charlottenstr. 22 - 24

70182 Stuttgart

Telefon: 0711/23992-0

Telefax: 0711/23992-29

Email: O.Renner@wueterich-breucker.de



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