Bausparkassenverträge: Bundesgerichtshof erleichtert Kündigungsmöglichkeit von Altverträgen auch bei Zinsbonus

eingestellt am 21.08.2018

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 10.07.2018 – Aktenzeichen: XI ZR 135/17 – die Kündigungsmöglichkeiten für Bausparkassenverträgen bei zugeteilten Bauspardarlehen trotz vereinbartem Zinsbonus erleichtert.

 

BGH, Urteil vom 21.02.2017 – XI ZR 185/16 – Regel-Ausnahme


Mit Urteil vom 21.02.2017 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Bausparkassen im Regelfall einen Bausparvertrag gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der bis zum 10. Juni 2010 geltenden Fassung (nunmehr § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nach Ablauf von zehn Jahren nach Zuteilungsreife kündigen können. Ausnahmsweise besteht dann kein Kündigungsrecht, wenn nach den vertraglichen Vereinbarungen der Bausparer z.B. im Falle eines (zeitlich begrenzten) Verzichts auf das zugeteilte Bauspardarlehen und nach Ablauf einer bestimmten Treuezeit einen (Zins-)Bonus erhält. In einem solchen Fall ist der Vertragszweck von den Vertragsparteien dahingehend modifiziert, dass er erst mit Erlangung des Bonus erreicht ist, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt ein vollständiger Empfang des Darlehens im Sinne des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB aF anzunehmen ist (BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 185/16 -).

 

Wann jedoch ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, der die Bausparkasse trotz Zuteilungsreife auf Grund modifiziertem Vertragszweck an einer Kündigung hinderte, war unklar.

 

BGH, Urteil vom 10.07.2018 – XI ZR 135/17 – bloßes Optionsrecht auf Zinsbonus kein Ausnahmefall

 

Bzgl. folgender Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen hatte der Bundesgerichtshof erneut über die Wirksamkeit einer Kündigung durch die Bausparkasse zu entscheiden:

 

"Präambel: Inhalt und Zweck des Bausparens

Bausparen ist zielgerichtetes Sparen, um für wohnungswirtschaftliche Verwendungen Darlehen zu erlangen, ...

§ 2 Sparzahlungen

(1) Der monatliche Bausparbeitrag bis zur ersten Auszahlung aus der zugeteilten Bausparsumme beträgt 3 vom Tausend der Bausparsumme (Regelsparbeitrag).

...

§ 3 Verzinsung des Sparguthabens

(1) Das Bausparguthaben wird mit 3 % jährlich verzinst.

...

(3) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus. Der Zinsbonus besteht in einer auf den Vertragsbeginn rückbezogenen Erhöhung des Guthabenzinses nach Abs. 1. Die Höhe des Guthabenzinses beträgt bei einer Bewertungszahl (§ 4 Abs. 2 b) von

2.400-3.999

3,5 %

4.000-5.999

4 %

6.000 und mehr

4,5 %.

Der Zinsbonus wird mit dem Bausparguthaben ausgezahlt.

§ 4 Zuteilung des Bausparvertrages

(1) Die Zuteilung des Bausparvertrages ist eine Voraussetzung für die Auszahlung der Bausparsumme. Die Zuteilung wird dem Bausparer mitgeteilt mit der Aufforderung, innerhalb von vier Wochen ab Datum der Zuteilung zu erklären, ob er die Rechte aus der Zuteilung wahrnimmt (Zuteilungsannahme).

...

§ 5 Nichtannahme der Zuteilung; Vertragsfortsetzung

...

(2) Nimmt der Bausparer die Zuteilung nicht fristgemäß an oder wird die Annahme der Zuteilung widerrufen, wird der Vertrag fortgesetzt.

(3) Setzt der Bausparer seinen Vertrag fort, kann er seine Rechte aus der Zuteilung jederzeit wieder geltend machen. ...

(4) Verzichtet der Bausparer nach Zuteilung auf das Bauspardarlehen, bevor die erste Auszahlung aus dem Bauspardarlehen erfolgt ist, erhält er einen Zinsbonus nach Maßgabe von § 3 Abs. 3."

 

Der Bundesgerichtshof sieht hierin keine eine Kündigung hindernde Modifikation des Vertragszwecks, sondern ein bloßes Optionsrecht des Bausparkunden.

 

Die Zinsbonusregelung der hier streitigen § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB führt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ebenso wenig wie ein Wahlrecht betreffend die Höhe der Guthabenverzinsung während der Ansparphase zu einer Modifikation des Vertragszwecks im Hinblick auf die in der Erbringung der Ansparleistungen liegende Darlehensgewährung an die Bausparkasse in der Ansparphase. § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB eröffnet dem Bausparer lediglich die Möglichkeit, nach der Zuteilung einen Verzicht auf das Bauspardarlehen zu erklären, um rückwirkend ab Vertragsbeginn einen - hier: in Abhängigkeit von der Höhe der Bewertungszahl - über den ursprünglichen Zinssatz von 3% p.a. hinausgehenden Zins für das Bausparguthaben beanspruchen zu können. Diese Möglichkeit besteht nicht nur einmalig beim erstmaligen Eintritt der Zuteilungsreife (§ 3 Abs. 3 ABB), sondern auch bei einer Vertragsfortsetzung (§ 5 Abs. 4 ABB). Das dem Bausparer eingeräumte Optionsrecht ändert aber nichts daran, dass seine bis zur erstmaligen Zuteilungsreife erbrachten Ansparleistungen weiterhin zweckgebunden sind, um einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen, der erst in der Folge durch einen Verzicht auf das Bauspardarlehen unter Inanspruchnahme des Zinsbonus gemäß § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 4 ABB abgegolten werden kann. Insoweit ist der vorliegende Fall anders gelagert als der Fall eines zeitlich begrenzten Verzichts auf die Gewährung eines Bauspardarlehens, bei dem der Vertrag nach Ablauf des Verzichtszeitraumes fortgesetzt wird und bei dem die Ansparleistungen während der Karenzzeit zusätzlich einem reinen Sparzweck dienen (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – XI ZR 135/17).

 

Fazit

 

Mithin kommt es auf die jeweils maßgeblich vereinbarten Regelungen in den Allgemeinen Bausparbedingungen betreffend den Zinsbonus an. Mit dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs wurden die Kündigungsmöglichkeiten für Bausparkassen bei zugeteilten Bausparverträgen erleichtert.

 

Stuttgart, den 22.08.2018

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

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