KfZ Kredite – EuGH öffnet Tür für Widerruf

eingestellt am 14.09.2021

KfZ Kredite – EuGH öffnet Tür für Widerruf

 

EuGH, Urteil vom 09.09.2021 – C-33/20; C-155/20; C-187/20 –

Der Europäische Gerichtshof hat mit einem am 09.09.2021 verkündeten Urteil die Türe für den Widerruf von KfZ Darlehen wieder geöffnet.

Ausgangspunkt für das Urteil des Europäischen Gerichtshofs war eine Vorlage durch einen Einzelrichter beim Landgericht Ravensburg. Mit Beschluss vom 07.01.2020 hatte ein Einzelrichter am Landgericht in Ravensburg sein Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof zur Auslegung der Verbraucherkreditrichtlinie Fragen im Wege der sogenannten fakultativen Vorabentscheidung vorgelegt. Die Fragen betrafen den Umfang der Informationspflichten im Hinblick auf den Verzugszinssatz, die Vorfälligkeitsentschädigung, die im nationalen Recht geregelten Kündigungsrechte und die vorgeschriebene Frist und Form der Kündigungserklärung in einem Altvertrag zur Finanzierung eines Kraftfahrzeugkaufs sowie Angaben zu Beschwerde-/Rechtsbehelfsverfahren (LG Ravensburg, Beschluss vom 07.01.2020 – 2 O 315/19).

Der Bundesgerichtshof sah bislang von einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof ab. Als letztinstanzliches nationales Gericht müsste der Bundesgerichtshof an sich zwingend vorlegen. Eine solche Vorlagepflicht sah der Bundesgerichtshof nicht. Vielmehr meinte der Bundesgerichtshof bislang, dass bspw. zu den Angaben der Vorfälligkeitsentschädigung sowie des Verzugszinses, dass „die richtige Auslegung des Unionsrechts derart offenkundig [ist], dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt“ (BGH, Beschluss vom 11.02.2020 – XI ZR 648/18 –).

Offenkundig richtig war aber die Auslegung des Bundesgerichtshofs bislang nicht. So hat der Bundesgerichtshof auch erst auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshof hin seine Rechtsprechung zur Frage des Widerrufs von KfZ Darlehen geändert. Der Europäische Gerichtshof hatte mit Urteil vom 26.03.2020 - C-66/19) entschieden, dass die Verbraucherkreditrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die im nationalen deutschen Recht normierte Kaskadenverweisung gegen die Vorgaben der europäischen Richtlinie verstößt. Der Bundesgerichtshof hat der seine Rechtsprechung ändern müssen. Auf der Grundlage dieses Urteils hält der Bundesgerichtshof jedenfalls im Geltungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie in Bezug auf Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge an seiner bislang entgegenstehenden Rechtsprechung nicht fest, wonach ein solcher Verweis klar und verständlich ist (vgl. noch BGH, Beschluss vom 19.03.2019 - XI ZR 44/18). Hier zwang die Vorlage eines Einzelrichters am Landgericht Saarbrücken an den Europäischen Gerichtshof den Bundesgerichtshof zu einer Aufgabe seiner bisherigen verbraucherfeindlichen Rechtsprechung.

Auch das neueste Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird den Bundesgerichtshof zu einer Rechtsprechungsänderung zwingen. Seine bisherige Rechtsprechung betreffend die Angaben zur Vorfälligkeitsentschädigung sowie zum Verzugszins steht nicht im Einklang mit der Verbraucherkreditrichtlinie sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Erneut wird wohl ein Einzelrichter am Landgericht Ravensburg die höchstrichterliche Rechtsprechung verbraucherfreundlicher beeinflussen. Der Europäische Gerichtshof hat die Tür für den Widerruf von KfZ Darlehen noch weiter geöffnet.

Stuttgart, den 14.09.2021

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

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