Mietbürgschaft – Regress trotz unwirksamer Kautionsversicherung?

eingestellt am 15.10.2021

Mietbürgschaft – Regress trotz unwirksamer Kautionsversicherung?

Amtsgericht Berlin-Mitte, Urteil vom 22.09.2021 – 123 C 94/21 -

Das Amtsgericht Berlin-Mitte hat mit Urteil vom 22.09.2021 – Aktenzeichen: 123 C 94/21 – einen Mieter verurteilt, die gestellte und ausgekehrte Mietbürgschaft an den von Rechtsanwalt Oliver Renner vertretenen Kautionsversicherer zu erstatten, obwohl der Mieter selbst nicht Vertragspartner der Mietkautionsversicherung war. Auf den ersten Blick: „nicht möglich“; Beim genaueren Hinschauen: „warum nicht“.

Sachverhalt

Bei der Klägerin, einem Kautionsversicherer ging einen Antrag auf Abschluss einer Mietkautionsversicherung ein. Diesen Antrag nahm die Klägerin an und übernahm gegenüber dem Vermieter der Wohnung eine Bürgschaft aufs erste Anfordern an.

Mieter der Wohnung war der Beklagte und dessen Ehefrau.

Der Vermieter nahm die Klägerin aus der Bürgschaft nach Beendigung des Mietverhältnisses wegen Nebenkostenrückständen und Schäden der Mietsache in Anspruch. Der Beklagte wurde aufgefordert, hierzu Stellung zu nehmen. Nachdem keine Reaktion erfolgte zahlte die Klägerin den Bürgschaftsbetrag an den Vermieter aus.

Die Klägerin fordert nunmehr vom Beklagten die Erstattung des ausbezahlten Bürgschaftsbetrages.

Der Beklagte wendet gegen diesen Anspruch ein, dass er den Antrag nicht gestellte habe, sondern seine Ehefrau ohne dessen Wissen. Zudem habe seine Ehefrau auch keine Vertretungsmacht gehabt, so dass gar kein Vertrag zustande gekommen ist.


Entscheidung

Das Amtsgericht Berlin – Mitte hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Kein vertraglicher Anspruch

Zwar besteht kein vertraglicher Anspruch auf Erstattung. Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass der Beklagte tatsächlich einen Antrag auf Abschluss der Kautionsversicherung gestellt hat noch das Bestehen eine Vollmacht.

Geschäftsführung ohne Auftrag

Der Klägerin steht aber ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu (§§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB).

Die Klägerin hatte nämlich ein (auch-)fremdes Geschäft getätigt, in dem sie die Forderungen des Vermieters gegen den Beklagten bezahlte. Neben dem Zessionsregress aus § 774 BGB kann der zahlende Bürge jedenfalls, wenn – wie hier – an einer wirksamen vertraglichen Beziehung zum Hauptschuldner fehlt, auch Ansprüche aus §§ 677 ff BGB geltend machen.

Die Klägerin handelte auch mit notwendigem Fremdgeschäftsführungswillen. Sie wollte als Bürgin jedenfalls den Beklagten von der Inanspruchnahme des Vermieters freistellen.

Die Geschäftsführung entsprach auch dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Beklagten. Dies wird bei der Bezahlung einer fremden Schuld angenommen, wenn keine Einwendungen des Geschäftsherrn bestehen.

Bereicherungsrecht

Selbst wenn man annehmen würde, dass die Geschäftsführung nicht dem Interesse und mutmaßlichen Willen des Beklagten entsprochen hätte, dann bestünden bereicherungsrechtliche Ansprüche nach §§ 684 BGB i.V.m. §§ 812 ff. BGB. Die Beklagte hatte nämlich auf Kosten der Klägerin gegenüber des Vermieters die Befreiung von mietvertraglichen Verbindlichkeiten erlangt.

 

Fazit

Selbst wenn kein wirksamer angenommen werden kann, so können sogenannte quasivertragliche oder bereicherungsrechtliche Ansprüche bestehen.

Die Klägerin kann zudem auch gegen die Ehefrau des Beklagten als vollmachtlose Vertreterin vorgehen. Der Bereicherungsanspruch gegen den Vertretenen wird durch Ansprüche des Dritten gegen den Vertreter aber ebenso wenig ausgeschlossen wie Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag.

Auch ohne Vertrag kann eine Haftung bestehen. Der Teufel steckt im Detail und genaues Hinschauen "lohnt sich". 

Stuttgart, den 15.10.2021

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

Charlottenstr. 22 - 24

70182 Stuttgart

Telefon: 0711/23992-0

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Email: O.Renner@wueterich-breucker.de



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