Fehlender Hinweis auf Haftungsbeschränkung begründet persönliche Haftung des Vermittlers

eingestellt am 16.03.2022

Fehlender Hinweis auf Haftungsbeschränkung begründet persönliche Haftung des Vermittlers

-

BGH, Urteil vom 13.01.2022 – III ZR 210/20 -

 

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Leitsatzurteil vom 13.01.2022 wie folgt entschieden:

 

„Weist eine Unternehmergesellschaft im Sinne von § 5a GmbHG nicht - wie im Gesetz vorgesehen - ihre Rechtsform und die Haftungsbeschränkung in der Firma aus, haftet ihr im Rechtsverkehr auftretender Vertreter für den dadurch erzeugten unrichtigen Rechtsschein gemäß § 311 Abs. 2 und 3, § 179 BGB analog (Anschluss an BGH, Urteil vom 12. Juni 2012 - II ZR 256/11).“

 

(BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 – III ZR 210/20 –)

 

Sachverhalt:

 

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger beteiligte sich im Jahr 2017 nach Beratung durch den Prokuristen eines Finanzvermittlers, die eine Unternehmensgesellschaft im Sinne von § 5a GmbHG war an einer als Blindpool konzipierten Fonds. Dieser Fonds trat als Investor am Private Equity Markt auf und sollte sich mit dem eingelegten Kapital an kleineren und mittleren, nicht börsennotierten Unternehmen (Start-up-Unternehmen) in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein beteiligen. Zuvor hatte der Kläger seine bestehende Lebensversicherung verkauft (zum Preis von 80% des Rückkaufswerts). Aus diesem Erlös finanzierte der Kläger sein Investment an dem Blindpool.

 

Der Fonds wurde im Jahr 2017 liquidiert und der Anleger verlor das investierte Kapital in Höhe von € 41.000,00 und hat vergleichsweise auf noch offene Pflichteinlagen weitere € 9.500,00 bezahlt.

 

Verfahren:

 

Der Anleger hatte den Prokuristen persönlich verklagt. Er behauptete, dass er eine Anlage zur sicheren Altersvorsorge wollte und er über das Totalverlustrisiko nicht aufgeklärt worden sei. Zudem hafte der Prokurist wegen sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB.

 

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen und das Oberlandesgericht die Berufung des Anlegers zurückgewiesen. Ob eine Falschberatung vorlag hatten die Vorinstanzen offengelassen.

 

Die Klage scheiterte schon daran, dass vertragliche Ansprüche gegen den Prokuristen verneint wurden. Der Beratungsvertrag sei nicht mit dem Prokuristen persönlich, sondern mit der Finanzvermittlung UG zustande gekommen.

 

Eine Haftung als Vertreter sei nicht gegeben, da über das normale Verhandlungsvertrauen hinaus kein besonderes persönliches Vertrauen zum Prokuristen bestand.

 

Letztlich sei auch keine Haftung nach § 826 BGB mangels Darlegung eines sittenwidrigen Verhaltens begründet.

 

Das Urteil:

 

Nach zugelassener Revision hat der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung wieder an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

 

Haftung nach Rechtsscheingrundsätzen:

 

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs ist nicht auszuschließen, dass der Prokurist der Finanzvermittlung UG dem Anleger nach Rechtsscheingrundsätzen gemäß §§ 311 Abs. 2 und 3, 179 BGB (analog) persönlich haftet. Der Prokurist hatte dem Anleger gegenüber die Haftungsbeschränkung der Gesellschaft nicht zum Ausdruck gebracht, vielmehr sogar weitgehend den Rechtsformzusatz „UG“ nicht geführt.

 

Wegen Verstoß gegen § 4 GmbHG haftet der Prokurist daher ggf. persönlich analog § 179 BGB, da er durch sein Zeichnen der Firma ohne Zusatz das berechtigte Vertrauen des Anlegers auf die Haftung mindestens einer natürlichen Person hervorgerufen hat. Es ist Aufgabe des Vertreters, dafür zu sorgen, dass das Unternehmen, für das er handelt, korrekt bezeichnet wird. Dies gilt auch bei Unternehmensgesellschaften („UG“). Diese muss nach § 5a Abs. 1 GmbHG in ihrer Firma die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen. Wenn der zwingend gebotene Hinweis „haftungsbeschränkt“ fehlt kommt eine persönliche Haftung des Vertreters aus Vertrauensgesichtspunkten in Betracht.

 

Ob der Anleger die wahren Haftungsverhältnisse kannte oder kennen musste und ob dies für den Anleger eine Rolle spielte muss nunmehr das Oberlandesgericht aufklären.

 

Deliktische Haftung:

 

Der Bundesgerichtshof hat zudem weiter darauf hingewiesen, dass in Bezug auf die Haftung wegen sittenwidriger Schädigung die Auffassung des Oberlandesgerichts, dass von Seiten des Klägers hierzu nicht ausreichend substantiiert vorgetragen sei, dies nicht frei von Bedenken ist.

 

Es liege auf der Hand, dass Investitionen in Start-up-Unternehmen der Technologiebranche hoch riskant sind.

 

Fazit:

 

Wer als Vertreter für eine Gesellschaft auftritt sollte genau darauf achten, dass die vom Gesetz vorgeschriebenen Vorgaben zur Angabe der Haftungsbeschränkung in der Firmierung korrekt angegeben werden. Fehlen hierzu erforderliche Zusätze kommt eine persönliche Haftung des Vertreters aus Rechtsscheingrundsätzen in Betracht.

 

 

Stuttgart, den 16.03.2022

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

Charlottenstr. 22 - 24

70182 Stuttgart

Telefon: 0711/23992-0

Telefax: 0711/23992-29

Email: O.Renner@wueterich-breucker.de

 



Kommentare

- Es sind noch keine Kommentare vorhanden. -

Hinterlassen Sie einen Kommentar
@

* Diese Felder sind Pflichtfelder
Kommentar Veröffentlichung vorbehalten