Kautionsversicherung - Prüfungskompetenz des Bürgen

eingestellt am 12.11.2021

Kautionsversicherung – Prüfungskompetenz des Bürgen

OLG Celle, Beschluss vom 22.01.2021 – 8 U 120/20 -

Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist die Prüfungskompetenz des Bürgen auf das Vorliegen einer missbräuchlichen Ausnutzung des Bürgschaftsversprechens aufgrund eines für jedermann offensichtlichen Fehlens des materiellen Anspruchs beschränkt. Die schlüssige Darstellung eines Anspruchs des Gläubigers im Sinne des Bestehens der Hauptforderung ist insoweit nicht erforderlich. So hat das Oberlandesgericht Celle mit Beschluss vom 22.01.2021 zur Prüfungskompetenz des Bürgen bei einer Kautionsversicherung entschieden (OLG Celle, Beschluss vom 22. Januar 2021 – 8 U 120/20 –).

Kautionsversicherung:

Eine Kautionsversicherung eine Versicherung, welche bspw. die Übernahme einer zum Gegenstand hat. Versicherungen übernehmen im Rahmen der Kautionsversicherung erforderlichen Haftungen, bspw. Anzahlungsgarantien, Gewährleistungsbürgschaften, Mietkautionsversicherungen oder Vertragsbürgschaften. Hier sind die Regelungen der §§ 43 ff. des Versicherungsvertragsgesetzes auf das Kautionsversicherungsgeschäft nur eingeschränkt anwendbar, weil beispielsweise durch das Bürgschaftsverhältnis zwischen dem Bürgschaftsgläubiger und der Versicherung eine eigenständige Rechtsbeziehung entsteht.

Bürgschaft aufs erste Anfordern:

Besonderheiten sind bei der Bürgschaft aufs erste Anfordern zu beachten. Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern reicht es für die Inanspruchnahme des Bürgen aus, dass der Gläubiger die Bürgenleistung anfordert und dazu das erklärt, was als Voraussetzung der Zahlung auf erstes Anfordern in der Bürgschaft niedergelegt ist (vgl. BGH, Urteile vom 2. April 1998 - IX ZR 79/97, vom 17. Oktober 1996 - IX ZR 325/95 und vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 141/93).

Prüfungskompetenz des Bürgen:

Bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ist die Prüfungskompetenz des Bürgen vor Auszahlung auf das Vorliegen einer missbräuchlichen Ausnutzung des Bürgschaftsversprechens aufgrund eines für jedermann offensichtlichen Fehlens des materiellen Anspruchs beschränkt; die schlüssige Darstellung eines Anspruchs des Gläubigers im Sinne des Bestehens der Hauptforderung ist insoweit nicht zu verlangen, so das OLG Celle (OLG Celle, Beschluss vom 22. Januar 2021 – 8 U 120/20 –).

Fazit:

Üblicherweise ist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen vereinbart, dass dem Schuldner die Inanspruchnahme mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bekannt gegeben wird. Wenn dann innerhalb der vereinbarten Frist keine Stellungnahme eingeht kann – muss – der Bürge auszahlen und Regress fordern. So war dies auch beim OLG Celle: „aa) Soweit zur Prüfung eines etwaigen rechtsmissbräuchlichen Vorgehens eine Nachfrage beim Hauptschuldner nahe liegt, ob der Bürgschaftsfall eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 141/93, aaO Rn. 14), hat die Klägerin der Beklagten entsprechend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Mit Schreiben vom 2. November 2018 hat sie die Beklagte von der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft in Kenntnis gesetzt, um Abwendung der Inanspruchnahme gebeten und Gelegenheit zur Mitteilung etwaiger Einreden oder Einwendungen gegen Grund, Höhe und Bestand der geltend gemachten Ansprüche bis zum 16. November 2018 gegeben, anderenfalls nach Aktenlage entschieden werden müsse. Ausweislich der E-Mail der Klägerin an die Beklagte vom 16. November 2018 kam es zwischen den Parteien am 5. November 2018 zu einem Telefonat, im Anschluss an welches sich die Beklagte nicht weiter äußerte. In der E-Mail wies die Klägerin darauf hin, aufgrund der Bürgschaft auf erstes Anfordern grundsätzlich zur Auszahlung des Bürgschaftsbetrages verpflichtet zu sein, und setzte erneut eine Frist bis zum 19. November 2018. Damit ist die Klägerin ihrer Prüfungsverpflichtung im Hinblick auf das etwaige Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme in ausreichender Weise nachgekommen. Die Beklagte hatte Gelegenheit, etwaige diesbezügliche Bedenken innerhalb angemessener Frist mitzuteilen. Dies hat sie jedenfalls in schriftlicher Form - soweit ersichtlich - nicht getan. Auch im Rahmen ihres Prozessvortrags macht sie nicht geltend, die Klägerin von etwaigen Aspekten unterrichtet zu haben, die auf einen Rechtsmissbrauch seitens der Gläubigerin hindeuteten. (OLG Celle, Beschluss vom 22. Januar 2021 – 8 U 120/20 –).

Einwendungen oder Einreden müssen daher vom Schuldner innerhalb der ihm gesetzten Frist dargetan werden. Geschieht dies nicht, dann muss die Versicherung nicht prüfen, ob die Forderung des Gläubigers berechtigt ist, falls diese nicht bereits auf den ersten Blick rechtsmissbräuchlich ist.

Ob und welche Einwendungen vorgetragen oder beachtet werden müssen ist im Einzelfall zu prüfen. Rechtsanwalt Oliver Renner ist seit Jahren auf diesem Gebiet spezialisiert und führte zahlreiche gerichtliche Verfahren mit Kautionsversicherungen als Streitgegenstand.


Stuttgart, den 12.11.2021

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

Charlottenstr. 22 - 24

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Telefon: 0711/23992-0

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