Keine Vorfälligkeitsentschädigung bei fehlerhaften Pflichtangaben

eingestellt am 28.07.2021

OLG Frankfurt, Urteil vom 01.07.2020 – 17 U 810/19;

BGH, Beschluss vom 08.06.2021 – XI ZR 320/20 -

 

Bei vorzeitiger Kündigung eines Immobilienkredits muss der Kunde an die Bank in der Regel eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen.

Voraussetzung hierfür ist aber, dass die dahingehenden Angaben im Darlehensvertrag zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung transparent sind. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat hierüber mit Urteil vom 01.07.2020 – 17 U 810/19) entschieden. Die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung im Falle der vorzeitigen Rückzahlung ohne Kündigung müssen klar und verständlich sein, selbst wenn der Darlehensgeber über die grundsätzlich geschuldeten Angaben hinausgeht. Im Falle eines so eröffneten Informationsdefizits des Darlehensnehmers kommt eine "Heilung" mit Blick auf den Verständnishorizont nicht mehr in Betracht. Die Vertragsangaben über die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung waren bei dem streitgegenständlichen Vertrag unzureichend. Es wurde lediglich erklärt, dass die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde legt, „soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristenkongruenten Laufzeiten vorhanden sind“. Es blieb aber offen, was geschieht, soweit solche Hypothekenpfandbriefe etwa bei unterjährigen Laufzeiten nicht vorhanden sind.

Da die Klausel nicht ausreichend transparent war schuldete der Kunde daher keine Vorfälligkeitsentschädigung. Die Bank wurde daher verurteilt, die bereits bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von mehr als € 21.500,00 an den Kunden zurückzubezahlen.

Gegen das Urteil hatte die Bank Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt. Mit Beschluss vom 08.06.2021 (AZ: XI ZR 320/20) hat der Bundesgerichtshof diese zurückgewiesen, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt rechtskräftig ist.

Verbraucher sollten prüfen lassen, ob die Klauseln zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in ihren Darlehensverträgen wirksam resp. ausreichend transparent sind. Das Urteil beinhaltet Chancen, bereits bezahlte Vorfälligkeitsentschädigungen zurückzufordern oder gar nicht zu schulden.

 

 

Stuttgart, den 29.07.2021

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

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