PICCOR AG - Anleger werden zur Rückzahlung von Scheingewinnen aufgefordert

eingestellt am 10.12.2021

PICCOR AG - Konkursverfahren

 

KMFQ Consulting GmbH fordert Rückzahlung von Scheingewinnen

Anleger der schweizerischen PICCOR AG wurden mit Schreiben der KMFQ Consulting GmbH aus Berlin aufgefordert, Scheingewinne bis zum 10.12.2021 zurückzuzahlen oder anzuerkennen. Wenn dies nicht geschieht wird mit Klage gedroht.

Hintergrund

Was ist der Hintergrund?

Die Anleger haben bei der Piccor AG investiert. Diese hatte ihren Sitz in der Schweiz. Es handelte sich wohl um ein Schneeballsystem. In Berlin in ein Strafverfahren anhängig. Über das Vermögen der Piccor AG wurde am 19.12.2018 das Konkursverfahren eröffnet. Die Baur Hürlimann AG ist außergerichtlicher Konkursverwalter. Nach deren Schreiben vom 26.10.2021 verzichtet dieser auf die Geltendmachung von Rückzahlung möglicher Scheingewinne, wenn diese anfechtbar sind.

Für eine Rückforderung wegen Überschuldungsanfechtung oder Absichtsanfechtung bestehen nach Ausführungen der Baur Hürlimann AG wohl keine Chancen gegenüber den Anlegern.

Betreffend die Auszahlung von Scheingewinnen seien – da auf diese Ansprüche verzichtet worden sind – diese zur Abtretung frei gegeben worden. Die KFMQ behauptet nun, dass diese Ansprüche an sie abgetreten worden seien und fordert von den Anlegern die Rückzahlung von angeblichen Scheingewinnen.

Einschätzung

Wie ist nach bisherigem Kenntnisstand die Sache einzuschätzen?

Nach den Ausführungen des außergerichtlichen Konkursverwalters in dessen Schreiben vom 26.10.2021 können zum einen wohl nur Rückzahlungen verlangt werden, die über den Betrag der Investition hinausgehen

Zum anderen gilt dies nur für Zahlungen – die über die Investitionssumme hinausgehen -, die innerhalb des letzten Jahres vor der Konkurseröffnung vorgenommen worden sind, also im Zeitraum vom 18.12.2017 bis zum 17.12.2018 erfolgt sind (Art. 286 SchKG).

Alle Zahlungen an Anleger vor dem 18.12.2017 können wohl nicht zurückgefordert werden.

Die Rückforderungsansprüche verjähren zudem zum 19.12.2021, so dass aus diesem Grund der zeitliche Druck wohl aufgebaut wird.

Letztlich muss in jedem Einzelfall geklärt werden, ob sich die Anleger ggf. auf Entreicherung berufen können, wenn bspw. die Auszahlung nicht für das alltägliche Leben, sondern für einen nicht geplanten Urlaub verwandt worden ist. Die Rechtsprechung, wann Entreicherung vorliegt ist komplex und in jedem Einzelfall zu prüfen.

Unklar ist derzeit noch, ob die Abtretung an die KMFQ auch wirksam ist, da diese nach dem Schreiben des außergerichtlichen Konkursverwalters vom 17.11.2021 unter dem Vorbehalt, dass die angemeldete Forderung rechtskräftig (teilweise) zugelassen wird erfolgte.

Was tun?

Wie sollten Anleger sich verhalten?

Es müsste in jedem Einzelfall geprüft werden: Liegen Rückzahlungen über der Investitionssumme vor? Falls ja, wann erfolgte diese Rückzahlung an den Anleger? Wenn diese Zahlung nach dem 18.12.2017 erfolgte, kann sich der Anleger ggf. auf Entreicherung berufen.

Zu beachten ist, dass vorliegend wohl schweizerisches Recht (hier die sog. paulianische Anfechtung) zur Anwendung kommt, welches aber wohl im Hinblick auf die Anfechtung bei Scheingewinnen dem deutschen Recht und mithin auch der Rechtsprechung vergleichbar zu sein scheint.

Vor dem Hintergrund des o.g. muss daher jeder Einzelfall geprüft werden. Ungeprüft zahlen oder ein Anerkenntnis abzugeben ist nicht zu empfehlen.

Die Zahlungsaufforderung sollte von den Anlegern nicht ungeprüft und unbeantwortet bleiben, da ansonsten eine Klage droht.

Rechtsanwalt Oliver Renner – zugleich Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht – vertritt bereits zahlreiche Anleger. Wir prüfen, ob die Ansprüche berechtigt sind oder nicht und vertreten Anleger außergerichtlich und gerichtlich.

 

Stuttgart, den 10.12.2021

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

Charlottenstr. 22 - 24

70182 Stuttgart

Telefon: 0711/23992-0

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