Sachwert Investitionen - unerlaubtes Einlagengeschäft?

eingestellt am 10.04.2018

Derzeit ist festzustellen, dass Anleger in Sachwerte versuchen, Ansprüche ob ihrer fehlgeschlagenen Investition im Wege des Schadensersatzes damit begründen, dass es sich um unerlaubte Einlagengeschäfte gehandelt habe. Wenn dies der Fall wäre, dann hätte es einer Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes (KWG) bedurft. Wäre eine solche nicht gegeben gewesen, dann droht den handelnden Personen (Vorstände, Geschäftsführer und auch Beratern/Vermittlern als Gehilfen) eine deliktische Haftung nach §§ 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i.V.m. § 54 KWG.

 

„Unbedingt rückzahlbare Gelder“

Zunächst müssten hier die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein, die ein Einlagengeschäft erfordern. Zentral hierbei ist der Streit, ob es sich um „unbedingt rückzahlbare Gelder“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG handelt. Hierüber kann man rechtlich trefflich streiten. Zweifel könnten bspw. schon dann bestehen, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Entgegennahme des Geldes zur eigenen Verwendung des Empfängers in der Absicht erfolgte, mit ihm im eigenen Aktivgeschäft gewinnbringend zu arbeiten (so schon: BGH, Beschluss vom 17.04.2017 – 5Aktenzeichen: 4 StR 446/06 -). Der Bundesgerichtshof hat dies in einem aktuellen Beschluss vom 26.03.2018 betreffend qualifizierten Nachrangvereinbarungen nochmals bestätigt (BGH, Beschluss vom 26.03.2018 – Aktenzeichen: 4 StR 408/17).

 

Vorsatz beurteilt sich nach Strafrecht

Kommt man zum Ergebnis, dass es sich um ein unerlaubtes Einlagengeschäft handelt, dann ist bei der weiteren Prüfung des notwendigen Vorsatzes folgendes zu beachten: Ist das Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 Satz 1 StGB eine Strafnorm, so muss der Vorsatz nach strafrechtlichen Maßstäben beurteilt werden. Dies gilt auch, falls das verletzte Schutzgesetz selbst keine Strafnorm ist, seine Missachtung aber unter Strafe gestellt wird.

 

Verbotsirrtum kann Vorsatz ausschließen

Hält der Täter des § 54 KWG seine Geschäfte für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, so stellt dies aus strafrechtlicher Sicht einen Verbotsirrtum nach § 17 des Strafgesetzbuches (StGB dar (BGH, Urteil vom 16.05.2017 – Aktenzeichen: VI ZR 266/16 – im Anschluss an BGH, Urteil vom 15.05.2012 – Aktenzeichen VI ZR 166/11 -).

Das Vertrauen auf eingeholten rechtsanwaltlichen Rat zur Frage eines unerlaubten Einlagengeschäfts vermag nicht in jedem Fall einen unvermeidbaren Verbotsirrtum des Täters zu begründen. Es ist erforderlich, dass der Täter auf die Richtigkeit der Auskunft nach den für ihn erkennbaren Umständen vertrauen darf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Unerlaubtheit des Tuns für ihn bei auch nur mäßiger Anspannung von Verstand und Gewissen leicht erkennbar ist oder er nicht mehr als eine Hoffnung haben kann, das ihm bekannte Strafgesetz greife hier noch nicht ein. Daher darf der Täter sich auf die Auffassung eines Rechtsanwalts etwa nicht allein deswegen verlassen, weil sie seinem Vorhaben günstig ist. Eher zur Absicherung als zur Klärung bestellte "Gefälligkeitsgutachten" scheiden als Grundlage unvermeidbarer Verbotsirrtümer aus. (BGH, Urteil vom 16.05.2017 – VI ZR 266/16 –).

Steht allerdings fest, dass eine ausreichende Erkundigung des einem Verbotsirrtum unterliegenden Täters bei der zuständigen Aufsichtsbehörde dessen Fehlvorstellung bestätigt hätte, so scheidet seine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem betreffenden Strafgesetz infolge eines unvermeidbaren Verbotsirrtums auch dann aus, wenn der Täter eine entsprechende Erkundigung nicht eingeholt hat BGH, Urteil vom 27.06.2017 – VI ZR 424/16 –).

 

Parallelwertung in der Laiensphäre

Zum Verbotsirrtum selbst hat der Bundesgerichtshof am 26.03.2018 eine grundlegende Entscheidung getroffen und führt wie folgt aus: „Hinsichtlich der Bewertung, ob der Angeklagte das Betreiben von Bankgeschäften und eine hierfür - möglicherweise - erforderliche Erlaubnis zutreffend erfasste und welche Rechtsfolgen sich andernfalls ergeben, bemerkt der Senat: Grundsätzlich gehört die rechtlich richtige Beurteilung der normativen Tatbestandsmerkmale nicht zum Tatvorsatz. Es genügt, dass der Täter die dem Gesetz entsprechende Wertung im Wege einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ nachvollzieht. Erforderlich ist, dass er die Tatsachen kennt, die dem normativen Begriff zugrunde liegen, und auf der Grundlage dieses Wissens den sozialen Sinngehalt des Tatbestandsmerkmals richtig begreift …… Hat der Täter des § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG den Bedeutungssinn des Bankgeschäfts als normatives Tatbestandsmerkmal zutreffend erfasst, hält er seine Geschäfte aber gleichwohl für rechtlich zulässig und nicht erlaubnispflichtig, irrt er lediglich über ihr Verbotensein, sodass ein Verbotsirrtum im Sinne des § 17 StGB vorliegt“ (BGH, Beschluss vom 26. März 2018 – 4 StR 408/17 –). Zu verweisen ist hierbei insbesondere auf die für die Praxis hervorragenden Anmerkungen von Frau Dr. Papathanasiou (in: jurisPK-StrafR 25/2017 Anm. 4 unter C.).

Wer mithin mit dem Vorwurf des Betreibens eines unerlaubten Einlagengeschäfts konfrontiert wird bedarf der umfassenden anwaltlichen Beratung. Auch der Zivilrechtler muss sich mit der strafrechtlichen Parallelwertung in der Laiensphäre auskennen. Der beste Spezialist muss auch ein guter Generalist sein. Hierauf ist dann bei der Anwaltsauswahl zu achten.

 

Stuttgart, den 11.04.2018

 

Oliver Renner

 

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

-     Lehrbeauftragter der Fachhochschule Schmalkalden

für das weiterbildende Studium zum/r „Finanzfachwirt/in (FH)“

-     Lehrbeauftragter der Hochschule Pforzheim

-     Stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses

"Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht" der Rechtsanwaltskammer Stuttgart

-     Geldwäschebeauftragter der Rechtsanwaltskammer Stuttgart

-     Schiedsgutachter nach § 18 ARB

 

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