Satzungswidrige Aufnahme als Mitglied?

Veröffentlicht am 09.01.2025

Satzungswidrige Aufnahme als Mitglied?

In einem Berufungsverfahren hat das Landgericht Regensburg in einem Urteil vom 10.12.2024 über die Rechtsfolgen der fehlerhaften Aufnahme eines Mitglieds in einen Verein zur Züchtung von Kleinhunderassen entschieden und ein Urteil des Amtsgerichts Straubing geändert.

I. Sachverhalt

Der Kläger hatte bereits im Jahr 2019 einen Antrag zur Aufnahme in den Verein – nachfolgend V 1 - gestellt. Dabei hatte der Kläger darauf hingewiesen, dass er in einem anderen Verein zur Züchtung von Kleinhunden (V 2) Mitglied sei.

Obwohl die Satzung des Vereins vorsah, dass die Mitgliedschaft von Mitgliedern anderer Vereine mit ähnlichem Vereinszweck im V 1 nicht möglich sei, bestätigte V 1 dem Kläger mit schriftlicher Bestätigung des Geschäftsführers die in der Satzung des V 1 vorgesehene sechsmonatige (Probe)Mitgliedschaft. Innerhalb dieser Frist von 6 Monaten kann V 1 in begründeten Fällen eine Mitgliedschaft annullieren, insbesondere wenn er davon Kenntnis erlangt, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen für eine Aufnahme nicht vorliegen oder bei Bekanntwerden von Missständen in Bezug auf Hundehaltung oder Verstößen gegen die Grundlagen und Ziele des V 1 im Sinne der Satzung und Ordnungen, der Zuchtordnung und des Tierschutzgesetzes.

Der Vorstand des V 1 stellte ab dem Jahr 2022 in Abrede, dass der Kläger Mitglied sei. Die Aufnahme des Klägers sei unwirksam gewesen, weil sie nicht durch den Gesamtvorstand erfolgt sei. Im Übrigen sei die Aufnahme des Klägers in V 1 aufgrund der Mitgliedschaft des Klägers in V 2 unwirksam.

Den entsprechenden Feststellungsantrag des Klägers hatte das Amtsgericht Straubing nach nach Aufhebung eines zuvor ergangenen Versäumnisurteils gegen V 1 zurückgewiesen. Das Landgericht Regensburg hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und hielt das zugunsten des Klägers erlassene Versäumnisurteil des Amtsgerichts, mit dem dessen Mitgliedschaft im V 1 festgestellt wurde, aufrecht.

II. Entscheidung

Der Kläger sei wirksam Mitglied des V 1 geworden (1.). Die Mitgliedschaft sei auch nicht beendet oder erloschen (2.).

1. Wirksamkeit der Aufnahme

Der Beitritt zu einem Verein setze den Abschluss eines Aufnahmevertrages zwischen Bewerber und Verein voraus, der grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen könne. Hierfür sei entsprechend den allgemeinen Regeln über das Zustandekommen eines Vertrages gemäß §§ 133, 147 BGB ein Angebot und eine Annahme dieses Angebots erforderlich.-

a. Die Wirksamkeit scheitere nicht daran, dass über die Aufnahme nicht durch den Gesamtvorstand entschieden worden sei. V 1 können sich hierauf nicht berufen, weil es sich hierbei um Vorgänge handele, die in der Sphäre des V 1 lägen. Der Kläger als Interessent bezüglich einer Mitgliedschaft beim V 1 könne nicht wissen, ob die Entscheidung über den Mitgliedsantrag des Klägers satzungsgemäß erfolgte, sprich durch Entscheidung des Gesamtvorstands.

b. Selbst bei der hypothetischen Annahme einer satzungswidrigen Aufnahmeerklärung wegen fehlender Entscheidung des Gesamtvorstandes sei die Fehlerfolge anhand der Satzung zu bestimmen. Es sei anerkannt, dass die Satzung Anforderungen an das wirksame Zustandekommen eines Aufnahmevertrages stellen könne, bei deren Missachtung eine Mitgliedschaft nicht entstehe. Dies gelte insbesondere für Satzungsbestimmungen, die eine bestimmte Form der Aufnahmeerklärung voraussetzen (beispielsweise der Aushändigung eines Mitgliedsausweises). Auch werde vertreten, dass durch die entsprechende Regelung in der Satzung der Erwerb der Mitgliedschaft unter eine aufschiebende Bedingung (beispielsweise Zahlung der Aufnahmegebühr) gestellt werden könne (Pulyer, in: Baumann/Sikora, Hand- und Formularbuch des Vereinsrechts, 3. Auflage 2022, § 10 Rn. 234).

Auch im Vereinsrecht sei zwischen Innen- und Außenverhältnis zu unterscheiden. Selbst im Falle einer im Innenverhältnis unwirksam erklärten Annahmeerklärung des Aufnahmeantrags des Klägers durch V 1 wegen fehlender Prüfung und Entscheidung durch den Gesamtvorstand, sei die Wirksamkeit dieser Annahmeerklärung im Außenverhältnis zum Kläger zu bejahen. Die Satzung sehe keine Regelung zur Unwirksamkeit der Aufnahmeerklärung für den von Seiten des V 1 behaupteten Falles der nicht ordnungsgemäßen Entscheidung über einen Mitgliedsantrag durch den Gesamtvorstand vor. Dementsprechend komme dem Erfordernis der Prüfung und Entscheidung über einen Mitgliedsantrag durch den Gesamtvorstand lediglich die Wirkung im vereinsrechtlichen Innenverhältnis zu. Die Trennung zwischen Innen- und Außenverhältnis, zeigt sich auch daran, dass die Aufnahme von Personen, die nicht die in der Satzung festgelegten persönlichen Voraussetzungen erfüllen, trotz des Satzungsverstoßes wirksam ist (vgl. hierzu die Ausführungen des BGH, Urteil vom 29.07.2014- II ZR 243/13, NJW 2014, 3239 und die weiteren Ausführungen unten) - -

2. Kein Entfallen der Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft des Klägers beim V 1 sei entgegen der Annahme des Amtsgerichts Straubing auch nicht mit ex nunc Wirkung entfallen.

Stelle die Satzung bestimmte Anforderungen an die Aufnahme eines neuen Bewerbers, insbesondere an in seiner Person liegende Eigenschaften, sei ein unter Missachtung dieser Voraussetzungen abgeschlossener Aufnahmevertrag gleichwohl wirksam, weil § 134 BGB nur für Gesetzes-, nicht aber für Satzungsverstöße gilt (Pulyer in: Baumann/Sikora, Hand- und Formularbuch des Vereinsrechts, 3. Auflage 2022, § 10 Rn. 233 unter Hinweis auf Sauter/ Schweyer/ Waldner Eingetragener Verein Rn 70, 74; Stöber/ Otto Rn. 195; MHdB GesR V/ Schöpflin § 32 Rn. 11; Soergel/ Hadding BGB § 38 Rn. 9). Habe der Vorstand unzulässigerweise die Aufnahme erklärt, stelle dies lediglich eine Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten dar.

Die Satzung können zwar an einen objektiven Beendigungstatbestand das „automatische Erlöschen“ der Mitgliedschaft knüpfen, ohne dass es einer Mitwirkung des Vereins oder seiner Organe bedarf. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Erwerb der Mitgliedschaft von besonderen Voraussetzungen in der Person des Bewerbers abhängt und die Vereinssatzung diese Rechtsfolge bei Wegfall der Voraussetzungen ausdrücklich anordnet (Pulyer, in: Baumann/Sikora, Hand- und Formularbuch des Vereinsrechts, 3. Auflage 2022, § 10 Rn. 233, 235). Ordne die Satzung ausdrücklich an, dass die Mitgliedschaft mit dem Vorhandensein bestimmter Eignungsvoraussetzungen stehen und fallen soll, sei die Aufnahme eines Bewerbers, der die Eignungsvoraussetzungen nicht erfüllt, daher auch dann ausgeschlossen, wenn diesem die Aufnahme erklärt wurde. Vorliegend fehle es in der Satzung des V 1 an einer derartigen ausdrücklichen Regelung.

Die Annahme eines wirksamen Aufnahmevertrages und einer Mitgliedschaft des Klägers beim V 1 verstoße auch nicht gegen Art. 9 Abs. 1 GG. V 1 habe die Möglichkeit gehabt, vor der Annahmeerklärung des Aufnahmeantrags des Klägers aber spätestens während der 6-monatigen Probemitgliedschaft zu prüfen, ob der Kläger aufgrund seiner angegebenen Mitgliedschaft im V 2 die eigenen Satzungsvoraussetzungen zur Aufnahme als dauerhaftes Vereinsmitglied erfülle. Während der Probemitgliedschaft sei nach den satzungsmäßigen Regelungen eine Annullierung der Probemitgliedschaft möglich gewesen, sei aber nicht erklärt worden. Mangels anderweitiger Erklärungen zur Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers, sei der Kläger wirksam Probemitglied des V 1 geworden und sei nach Ablauf der 6-monatigen  Probemitgliedschaft Mitglied beim V 1 geworden.

III. Bedeutung

Die Entscheidung des Landgerichts Regensburg bestätigt die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur.

Soweit ein Verein Wert darauf legt, dass Mitgliedschaften - etwa bei persönlicher Unvereinbarkeit - automatisch enden, muss eine entsprechende satzungsrechtliche Grundlage vorgesehen werden.