Verbraucherschutz durch die Hintertür - Anwaltshaftung bei Widerruf von Autokrediten

eingestellt am 30.05.2022

Verbraucherschutz durch die Hintertür

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Anwaltshaftung bei Widerruf von Autokrediten

 

Bundesweit sind derzeit wohl tausende Klagen bei Gerichten anhängig, bei denen um die Rückabwicklung von Autokrediten nach Widerruf gestritten wird.

Zwar ist die rechtliche Position von Verbrauchern durch die verbraucherfreundliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gestärt worden. Hierdurch werden jedoch nicht zwangsläufig alle Prozesse gegen Banken gewonnen. Oftmals liegt die Tücke im Detail.

Aber auch durch formale anwaltliche Fehler oder grober Nachlässigkeit von Anwälten, die Verbraucher vertreten gehen Klagen verloren.

So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Stuttgart mit Urteil vom 12.04.2022 – Aktenzeichen: 6 U 522/19 – die Berufung eines Verbrauchers zurückgewiesen und damit die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht kommt zwar zum Ergebnis, dass ein Widerrufsrecht bestand und mithin eine Rückabwicklung möglich wäre. Im Prozess wurde aber gegen die allgemeine Prozessförderungspflicht verstoßen: „Der Kläger hat – offensichtlich – gegen seine allgemeine Prozessförderungspflicht aus § 282 Abs. 1 ZPO verstoßen, indem er den Vortrag zum nach seiner Behauptung nicht mehr möglichen Rückerwerb erst mit Schriftsatz vom 28. März 2022 und damit einen Tag vor dem mit Verfügung vom 1. Oktober 2021 bestimmten Termin zur mündlichen Verhandlung gehalten hat, obwohl der fragliche – und, wie schon die dadurch veranlasste Erledigungserklärung bezüglich großer Teile der Klage zeigt, für den Rechtsstreit zentrale – Vorgang bereits im April 2021 stattgefunden hatte. Die Zulassung des Vortrags würde außerdem zur Verzögerung des Rechtsstreits führen, da weitere Sachaufklärung, ggf. auch eine Beweiserhebung zur Frage der Möglichkeit oder Zumutbarkeit eines Rückerwerbs des Fahrzeugs erforderlich würde. Dabei war die fragliche Verzögerung auch nicht durch geeignete Maßnahmen der Terminsvorbereitung zu verhindern, nachdem der Schriftsatz vom 28. März 2022 einen Tag vor dem Verhandlungstermin bei Gericht eingegangen ist. Zuletzt beruht die Verspätung auch - wiederum offensichtlich - auf grober Nachlässigkeit i. S. d. § 296 Abs. 2 ZPO, indem der Kläger den Rechtsstreit seit April 2021 auf – auch für ihn offenkundig – falsch vorgetragener Tatsachengrundlage geführt und damit unbeachtet gelassen hat, was jedem, der einen Prozess führt, hätte einleuchten müssen (zum Maßstab Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl., § 296 Rn. 27). Entkräftende Tatsachen hat der Kläger dazu nach entsprechendem Hinweis des Senats und erfolgter Gewährung rechtlichen Gehörs zur möglichen Präklusion im Termin vom 29. März 2022 nicht vorgetragen.“ (OLG Stuttgart, Urteil vom 12. April 2022 – 6 U 522/19 –).

Mit Beschluss vom 26.04.2022 (Aktenzeichen: XI ZB 27/21) hat der Bundesgerichtshof eine Rechtsbeschwerde gegen eine die Berufung zurückweisen Entscheidung eines Verbrauchers als unzulässig zurückgewiesen. Grund war, dass in der Berufungsschrift der Rechtsmittelführer nicht klar bezeichnet war: „Gemessen an diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass innerhalb der Berufungsfrist nicht erkennbar war, für wen mit dem Schriftsatz vom 7. August 2020 Berufung eingelegt werden sollte. Die Berufungsschrift enthält einerseits den Vornamen des Klägers zu 1, bezeichnet diesen aber andererseits durchgängig als "Klägerin" bzw. "Berufungsklägerin", ohne dass auch der Name der Klägerin zu 2 genannt oder in irgendeiner Weise kenntlich gemacht wird, dass die Berufung durch mehr als eine "Klägerin" eingelegt werden soll. Das Berufungsgericht hat angesichts dessen ohne Rechtsfehler angenommen, dass diese Formulierung der Berufungsschrift sowohl den Schluss zulässt, dass die Klägerin zu 2 die Berufung einlegen wollte, als auch den Schluss, dass der Kläger zu 1 Berufungskläger sein sollte, da in gleicher Weise sowohl ein Irrtum der Klägervertreter hinsichtlich des Vornamens der Klägerin zu 2 als auch ein Irrtum hinsichtlich des Geschlechts in Betracht kommt, im Hinblick auf das Klarstellungsschreiben der Klägervertreter vom 18. August 2020 aber auch die Auslegung der Berufungsschrift in Betracht kommt, dass beide Kläger Berufung einlegen wollten.“ (BGH, Beschluss vom 26. April 2022 – XI ZB 27/21 –).

Masse ist nicht Klasse.

Fehler und Nachlässigkeiten, die bei massenweiser Bearbeitung von Fällen entstehen, können zur Anwaltshaftung führen. Dies führt dann wiederum zu Verbraucherschutz durch die Hintertür.

Stuttgart, den 30.05.2022

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

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