Widerrufsbelehrung - Beginn der Widerrufsfrist bei Darlehensvertrag

Veröffentlicht am 20.05.2015

Widerrufsbelehrung - Beginn der Widerrufsfrist bei Darlehensvertrag
Von verschiedenen Banken wurden folgende Widerrufsbelehrungen verwendet:

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem mir
-    ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und
-    die Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der
     Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrags
zur Verfügung gestellt wurde."

(Unterstreichung nur hier)


1. Rechtsprechung des BGH


Der Bundesgerichtshof hat in Entscheidungen vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08) und 15.02.2011 (XI ZR 148/10 juris) über folgende Belehrung zu befinden gehabt:

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen
-    eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und
-    die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der
     Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags
zur Verfügung gestellt wurde."

(Unterstreichung nur hier)

Der BGH hatte diese Belehrung deshalb für unwirksam gehalten, weil der Eindruck entstehe

die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung der in dem von der Beklagten übersandten Vertragsangebot enthaltenen Belehrung, die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zurverfügungstellung einer Vertragsurkunde, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 16; BGH, Urteil vom 18. April 2005 - II ZR 224/04, WM 2005, 1166, 1168), der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen.


2. Subsumtion

Die Ausführungen des Bundesgerichtshofs (sub 2.) machen deutlich, dass der Unterschied in der Formulierung – Verwendung des Possessivpronomens „mein“ im Zusammenhang mit dem Vertragsantrag – eine unterschiedliche Behandlung nicht rechtfertigt. Denn der Bundesgerichtshof knüpft seine Auffassung, die Widerrufsbelehrung vermittle einen unrichtigen Eindruck vom Beginn der Widerrufsfrist daran, dass die Widerrufsfrist beginnen soll, nachdem dem Darlehensnehmer

        …. die Vertragsurkunde ……. zur Verfügung gestellt wurde.

Diese Formulierung lege den Schluss nahe, dass die Widerrufsfrist schon vor der Erklärung des Darlehensnehmers beginne.

Bei der vorliegend streitgegenständlichen Erklärung wird dieser Eindruck nicht beseitigt, sondern verstärkt. Denn die Umstände, die nach der Belehrung die Widerrufsfrist beginnen lassen, nämlich das Zurverfügungstellen

-    der Vertragsurkunde
-    des schriftlichen Vertragsantrags des Darlehensnehmers
-    der Abschrift der Vertragsurkunde
-    der Abschrift des Vertragsantrags des Darlehensnehmers

stehen – wie die Konjunktion „oder“ verdeutlicht – im Alternativverhältnis. Die Belehrung vermittelt durch die Nennung der Alternativen deshalb gerade den unrichtigen Eindruck, auf die Erklärung des Darlehensnehmers selbst komme es unter bestimmten Umständen für den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist nicht an.


3. Ergebnis

Die herrschende Rechtsprechung geht davon aus, dass die Belehrung den gesetzlichen Erfordernissen entspricht und den Lauf der Widerrufsfrist damit in Gang setzt.

Die Rechtsprechung überzeugt allerdings nicht.

Einzelne Entscheidungen erkennen bereits nicht, dass eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BGH geboten war (zum Beispiel LG Bielefeld, Urt. v. 21.07.2014, 6 O 459/13, LG Bielefeld, Urt. v. 22.08.2014, 1 O 268/13, beide juris).

Das OLG Celle (Beschl. v. 14.07.2014, 3 W 34/14, juris, ebenso ohne weitere Argumente OLG Hamm, Urt. v. 16.03.2015, 31 U 118/14) zitiert die maßgeblichen Entscheidungen des BGH zwar, argumentiert aber - ersichtlich in dem Bestreben, berechtigte Ansprüche des Verbrauchers abzuweisen – an dem Inhalt der Entscheidung vorbei: Denn die Begründung des Bundesgerichtshofs knüpft nicht an den Spiegelstrich zum  „Vertragsantrag“ an, der durch das Possessivpronomen verändert wurde, sondern an den Begriff der „Vertragsurkunde“.

Gegen das Urteil des OLG Hamm (v. 16.03.2015, 31 U 118/14) wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die unter dem Aktenzeichen XI ZR 179/15 anhängig ist. Man darf gespannt sein, ob der XI Zivilsenat an der Begründung seiner Entscheidung vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08) festhält. Dann dürfte die Belehrung die die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt haben.