Zugang von Emails - Beweislast beim Versender?

eingestellt am 25.02.2022

Zugang von E-Mails – Beweislast beim Versender?

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LAG Köln, Urteil vom 11.01.2022 – 4 Sa 315/21 -

Rechtlich relevante Erklärungen können auch per E-Mail abgegeben werden. Damit empfangsbedürftige Willenserklärungen wirksam sind, müssen diese auch beim Empfänger zugehen. Zugang liegt dann vor, wenn die Willenserklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Unterschieden wird also danach, ob und wann die Willenserklärung zugegangen ist.

Den Beweis des Zugangs beim Empfänger muss hierbei grundsätzlich der Versender führen. Bei Emails ist dies aber umstritten.

Einerseits wird vertreten, dass dem Absender einer E-Mail der Beweis des ersten Anscheins dahingehend zur Seite stehe, dass die von ihm versandte E-Mail beim Empfänger eingegangen ist, wenn nicht eine Rücksendung als unzustellbar eingegangen ist. Dies gelte auch dann, wenn die Nachricht möglicherweise in einen Spamfilter gelangt ist. Eingegangen sei eine E-Mail beim Empfänger einer Willenserklärung, wenn sie auf dem Server des Empfängers oder seines Providers abrufbar gespeichert ist (AG Frankfurt, Urteil vom 23.10.2008 - 30 C 730/08-25 -).

Andererseits wird vertreten, dass der Zugang der E-Mail gemäß § 130 BGB vom Versender darzulegen und zu beweisen sei. Die Absendung der E-Mail begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. August 2018 - 2 Sa 403/18 -).

Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich im aktuellen Urteil vom 11.01.2022 der letztgenannten Auffassung angeschlossen: „Nach dem Versenden einer E-Mail wird die Nachricht auf einem Server eingehen. Dies ist jedoch nicht gewiss. Wie auch bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt. Das Risiko kann nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Der Versender wählt die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Zudem hat der Versender die Möglichkeit, vorzubeugen. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, hat der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern“ so das Landesarbeitsgericht Köln (Urteil vom 11. Januar 2022 – 4 Sa 315/21 -).

Um den sichersten Weg zu gehen sollte daher beim Versand von Willenserklärungen immer darauf geachtet werden, dass der Zugang auch tatsächlich bewiesen werden kann. Auf unsichere Anscheinsbeweise sollte vor dem Hintergrund der derzeit noch unklaren Rechtslage nicht gesetzt werden.

Gerade dann, wenn fristgerecht Erklärungen zugehen müssen kommt es im Streitfall darauf an, hier nicht auf unsicherem Terrain zu stehen.

Stuttgart, den 25.02.2022

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

Charlottenstr. 22 - 24

70182 Stuttgart

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