Eventus eG - Prüfverband haftet nicht gegenüber Anlegern

eingestellt am 04.07.2022

EVENTUS eG

Genossenschaftlicher Prüfverband haftet nicht gegenüber Anlegern

 

Landgericht Stuttgart, Urteil vom 29.06.2022 – 27 O 268/21

 

Das Landgericht Stuttgart hat Schadensersatzklagen von Anlegern gegen den genossenschaftlichen Prüfverband vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen der zwischenzeitlich insolventen Wohnungsgenossenschaft Eventus eG abgewiesen. Das Prüfergebnis sei für die Entscheidung der Anleger nicht kausal gewesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

Vertragliche oder quasi-vertragliche Ansprüche kommen nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart nicht in Betracht. Das Wirtschaftsprüfermandat zur Prüfung des Jahresabschlusses gemäß §§ 316 ff. HGB entfalte keine Schutzwirkung zu Gunsten von Kapitalanlegern der geprüften Gesellschaft.

 

In Betracht kamen daher Ansprüche allein nach Maßgabe der Rechtsfigur der Expertenhaftung gemäß § 826 BGB. Voraussetzung hierfür ist, dass ein unrichtiges Gutachten und Testat ein Sittenverstoß bei einer besonders schwerwiegenden Verletzung der Sorgfaltspflichten vorliegt. Als sittenwidrig ist zu beurteilen, wenn der Auskunfterteilende aufgrund des Expertenstatus ein besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nimmt, selbst aber nicht im Mindesten den an einen Experten zu richtenden Maßstäben genügt. Der Sittenverstoß setzt ein leichtfertiges und gewissenloses Verhalten des Auskunftgebers voraus. Erforderlich ist eine Nachlässigkeit, bei welcher der Experte eine Rücksichtslosigkeit an den Tag legt, die angesichts der Bedeutung seiner Tätigkeit für die Entscheidung Dritter als gewissenlos erscheint.

 

Ob diese Voraussetzungen vorlagen, hat das Landgericht nicht geprüft. Selbst unterstellt, dem wäre so, so fehlt es an der notwendigen Kausalität. Der konkrete Anleger hätte konkret wissen müssen, dass eine dahingehende Tätigkeit des Prüfverbandes gegeben war und er hätte hierauf seine Entscheidung stützen müssen, was nicht vorgetragen wurde. Ein generelles Vertrauen von Kapitalanlegern dahingehend, Genossenschaften seien seriös, weil sie erfolgreich eine Gründungsprüfung durchlaufen haben müssen und der Aufsicht eines Prüfverbands unterliegen, reiche nicht aus.

 

Da den Anlegern weder das Gründungsgutachten noch die Prüfberichte vorlagen konnten sie hierauf kein konkretes Vertrauen begründen.

 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Zu Wirtschaftsprüfungsgesellschaften hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach geurteilt und eine konkrete Kausalität gefordert. Ob dies auch bei einem Prüfverband für Wohnungsgenossenschaften anzunehmen ist, bleibt abzuwarten.

 

Stuttgart, den 04.07.2022

 

 

 

Oliver Renner

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht

 

c/o Wüterich Breucker Rechtsanwälte Partnerschaft mbH

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